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Interviews
27.06.2019

Interview des Monats mit Prof. Martin Burgi Konversionstherapie: Strafnorm hat Signalwirkung 

Konversionstherapien, mit denen Homosexuelle „umgepolt“ werden sollen, will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verbieten. Verfassungsrechtlich hält der Jurist Prof. Martin Burgi diesen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit von Ärzten, Therapeuten und sonstigen Anbietern für möglich. Das Hauptargument des Professors für Öffentliches und Sozialrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München: Mit den sogenannten Therapien werden Homosexuelle diskriminiert, davor muss der Staat sie schützen.

Herr Professor Burgi, für das Verbot sollen in Bezug auf „Profi“-Behandler, also vor allem Heilberufler, eine neue Strafrechtsnorm geschaffen werden. Reicht das bestehende Berufsrecht bei Ärzten nicht aus, um die unsinnigen Konversionstherapien zu ahnden?
Nein, das jetzige Berufsrecht reicht nicht aus. Denn die Entziehung der Approbation ist nur möglich, wenn der Arzt sich als unwürdig erwiesen hat. Das setzt vergleichsweise schwerwiegende Vorwürfe wie Verurteilung wegen Mord, jahrelange Steuerhinterziehung oder wiederholte Körperverletzung voraus. In diesen Dimensionen sind wir bei den Konversionstherapien nicht. Zudem hätte ein ausdrückliches gesetzliches Verbot natürlich auch eine Signalwirkung.  

Wie könnte ein Verbot bei nicht gewerblichen Anbietern solcher Therapien wie zum Beispiel Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften aussehen?
Bei diesen Anbietern wäre eine Strafandrohung als ultima ratio meines Erachtens unangemessen. Das Durchführen einer Konversionstherapie könnte aber über das Ordnungswidrigkeitenrecht verboten werden. Zumindest bei Minderjährigen wäre dies möglich. Bei Erwachsenen könnte ein Verbot nicht verhältnismäßig sein.    

Mal weiter gesponnen: Könnten nicht auch andere unsinnige Therapien verboten werden?
Burgi: Entscheidend ist, dass die Konversionstherapien einen Diskriminierungseffekt haben, sie versuchen, auf die sexuelle Orientierung einzuwirken. Das sehe ich bei anderen Therapien, die vielleicht unwirksam oder unsinnig sind, nicht.