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Interviews
22.01.2013

Interview des Monats mit Dr. Rainer Hess „Wir müssen gemeinsam für mehr Transparenz sorgen!“

Berlin – Die Zahl der Organspenden ist vorläufigen Zahlen zufolge 2012 deutlich, um 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr, gesunken. Das ist laut aktuellen Daten der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) der niedrigste Stand seit 2002. Die Stiftung selbst machte im vergangenen Jahr vor allem durch interne Querelen negative Schlagzeilen. Es gibt viel zu tun für Dr. Rainer Hess, der seit Januar neuer Vorstand der DSO ist. Im Interview des Monats verrät er, was bei ihm als erstes auf der Agenda steht.

Herr Dr. Hess, Ihre Aufgabe ist es, die DSO umzustrukturieren. Wie wollen Sie das machen?

Hess: Zunächst habe ich in meiner Eigenschaft als Jurist die Aufgabe übernommen, die Satzung in Abstimmung mit dem Stifter – also dem ehemaligen Kuratorium für Heimdialyse – so zu ändern, dass Vertreter von Bund und Ländern als stimmberechtigte Mitglieder in den Stiftungsrat aufgenommen werden. Auf diese Weise wird der DSO ein mehr öffentlich-rechtlicher Charakter verliehen, ohne dass an dem System der Selbstverwaltung etwas geändert wird. Schon jetzt sind ein Vertreter des Bundes und zwei Vertreter der Länder ständige Gäste im Stiftungsrat.
Die Struktur der DSO zu überprüfen und etwaige Interessensgegensätze auszugleichen bzw. sinnvoll zusammenzuführen und die Arbeit der DSO damit zu stärken, wird meine zweite Aufgabe sein. Mein Ziel ist es, in einem Jahr eine zukunftsfähige und neu strukturierte gemeinnützige Stiftung bürgerlichen oder – falls rechtlich notwendig – öffentlichen Rechts zu hinterlassen. Die DSO als Organisation sehe ich dabei gut aufgestellt.
Als dritte Aufgabe steht die Umsetzung und Ausgestaltung des Koordinierungsstellenauftrages nach dem novellierten Transplantationsgesetz an. Das betrifft z.B. die Tätigkeiten der Transplantations-Beauftragten sowie die Prozessoptimierung innerhalb der Organspende.

Sie sind nur für ein Jahr für den Übergang im Amt. Ist der Umbau der DSO in der Zeit zu schaffen?

Hess: Wenn die Beteiligten mitziehen und die Stiftungsaufsicht rechtzeitig eingeschaltet wird, halte ich die vorgesehene Umstrukturierung innerhalb Jahresfrist für durchaus machbar.

Die Anzahl an Organspenden in Deutschland stagniert seit Jahren. Unregelmäßigkeiten und Manipulationen in Kliniken verunsichern die Bevölkerung weiter. Wie will die DSO dafür sorgen, dass mehr Menschen Organspender werden?

Hess: Wir haben alle eine gemeinsame Verantwortung innerhalb des Systems der Organspende und Transplantation – auch wenn die Aufgabenbereiche Organspende, Verteilung und Organübertragung organisatorisch strikt getrennt sind und jeweils eigenen Regeln unterliegen. Deswegen müssen wir gemeinsam für mehr Transparenz sorgen und eine entsprechend strenge Qualitätssicherung etablieren, die diese Art von Missbrauch zukünftig verhindert. Insbesondere die Beschlussfassung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Einführung einer sektoren- und einrichtungsübergreifenden, die Dialyse und die Nierentransplantation umfassende Qualitätssicherung muss baldmöglichst umgesetzt werden. Nur so können wir verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Aber wir müssen auch klar machen, dass die Organspende nicht an Wert verloren hat. Ich gehe davon aus, dass kein Patient ein Organ bekommen hat, der es nicht auch gebraucht hätte. Die Organspende rettet das Leben von schwerkranken Patienten – und das muss unsere wichtigste Motivation sein.

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