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Interviews
29.10.2018

Interview des Monats mit Patientenvertreterin Heidi Hauer Inkontinenzversorgung: „Nicht über uns, sondern mit uns handeln“

Berlin (pag) – Über die real existierende Versorgungssituation von Menschen, die Inkontinenzprodukte benötigen, berichtet Heidi Hauer. Sie ist Mitglied des Fachteams Gesundheit im Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter. Da das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) keine spürbare Verbesserung gebracht hat, setzt sich die Patientenvertreterin für ein neutrales Versorgungsmanagement und eine unabhängige Beschwerdestelle ein. Sie fordert: Patienten sind auf Augenhöhe zu behandeln.

Wie sieht die real existierende Versorgungssituation für Menschen aus, die Inkontinenzprodukte benötigen?

Die Versorgung mit Inkontinenzprodukten erfolgt durch viele Leistungserbringer wie zum Beispiel Sanitätshäuser oder Hersteller von Inkontinenzprodukten. Die Leistungserbringer und Krankenkassen schließen Verträge über die Qualität und den Preis. Patienten sind zwar von schlechter Qualität der Inkontinenzversorgung betroffen, haben aber kein Beschwerderecht bei der Leistungserbringung. Nach der Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses haben sie bei mehreren gleichmäßigen Hilfsmitteln ein Wunsch- und Wahlrecht. Aber: Patienten kennen die Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern nicht. Wie sollen sie dann wissen, wo sie ihr Wahlrecht einlösen können?

Warum hat das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) keine spürbare Verbesserung gebracht?

Das HHVG übergibt die Frage der Qualitätsanforderungen gemäß Paragraph 139 SGB V an die Spitzenverbände der Krankenkassen. Das HHVG definiert keine Qualitätsanforderungen für die Inkontinenzprodukte. Patienten beziehungsweise Versicherte haben keinen Informationsanspruch aus den Verträgen zwischen den Krankenkassen und Leistungserbringern. Man spricht über die Versicherten und Patienten. Sie werden nicht auf Augenhöhe behandelt. Die Patienten und ihre Angehörigen wünschen sich: „Nicht über uns, sondern mit uns handeln“– am besten in einfacher und verständlicher Sprache.

Wie muss eine Versorgung aus Ihrer Sicht aussehen?

Besser wäre es, eine Versorgung mit Inkontinenzprodukten aus einer Hand zu haben. Wir brauchen ein neutrales Versorgungsmanagement mit einer Beratung zur Produktauswahl, Kontakt mit der Krankenkasse und den Leistungserbringern. Außerdem benötigen wir eine neutrale und unabhängige Beschwerdeinstitution.