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17.09.2020

Orientierungswert Ärzte kritisieren „verkappte Nullrunde“

Berlin (pag) – Das Ergebnis der Honorarverhandlungen sorgt für wütende Reaktionen der Vertragsärzteschaft. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat eine Erhöhung des Orientierungswerts um 1,25 Prozent beschlossen. Das macht laut GKV-Spitzenverband (GKV-SV) 470 Millionen Euro. Zu wenig, finden die Niedergelassenen.

„Das ist eine grobe Missachtung der Leistungen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen“, meint Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Gerade in den vergangenen Monaten hätten die Vertragsärzte pandemiebedingt die Hauptlast der Versorgung getragen, sagt sein Vize Dr. Stephan Hofmeister. „Nun ist für die Kolleginnen und Kollegen offenbar nicht genug Geld da, um die massiv gestiegenen Aufwendungen in den Praxen aufzufangen.“ Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, spricht deswegen von einer „verkappten Minusrunde“. Er fordert eine Digitalisierungspauschale von den Kassen sowie eine tatsächliche Honorarerhöhung.

„Wer auf diese Weise Honorarverhandlungen führt, dreht der Feuerwehr auch während des Großbrandes das Wasser ab“, kritisiert der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dr. Dirk Heinrich. Die Kassen versuchten so, die Kosten für die Corona-Massentests am falschen Ende wieder einzusparen.

Der Orientierungswert liegt somit ab 2021 bei 11,244 Cent (derzeit 10,9871). Die Interessen der Niedergelassenen und die der Beitragszahler würden berücksichtigt, meint GKV-SV-Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis. „Das ist gut, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die GKV im nächsten Jahr vor großen – insbesondere auch finanziellen – Herausforderungen steht.“ Außerdem habe die gesetzliche Krankenversicherung die Vertragsärzte bereits mit einem Schutzschirm unterstützt.

Die ersten Verhandlungen waren gescheitert: Die KBV wollte eine Erhöhung des Orientierungswerts um drei Prozent, der GKV-Spitzenverband gar keine. Deswegen musste der Erweiterte Bewertungsausschuss, in dem jeweils drei Vertreter der KBV und des GKV-SV sowie drei unparteiische Mitglieder sitzen, aktiv werden.

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