Europäischer GesundheitsdatenraumÄrzte sehen Nachbesserungsbedarf
Brüssel (pag) – Die Ärzteschaft sieht dem Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) mit gemischten Gefühlen entgegen. Man befürwortet die Nutzung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken, befürchtet aber negative Auswirkungen für Behandler und Patienten, betont der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, auf einer Diskussionsveranstaltung von BÄK und Kassenärztlicher Bundesvereinigung.
Reinhardt vermutet, dass Patienten ihre Daten zwar mit anderen Leistungserbringern teilen, eine Sekundärnutzung – insbesondere durch Industrie oder staatliche Stellen – aber ablehnen würden. Nötig sei darum eine Opt-out-Möglichkeit. Das sieht Anca Toma vom European Patients‘ Forum anders: „Patienten wollen ihre Daten für Forschungszwecke teilen.“ Dabei spiele es keine Rolle, wer die Forschung durchführe. „Egal, wo die Heilung herkommt, wir sind dankbar dafür.“ Der Entwurf beinhalte zahlreiche Sicherheitsmechanismen, sagt Martin Dorazil, stellvertretender Leiter der Abteilung „European Reference Networks and Digital Health“ bei der EU-Kommission. So könnten Patienten auswählen, wer welche Daten sehen darf. Die Zweitverwendung sei erst nach einem erfolgreichen Antrag möglich. Dabei seien die Daten immer anonymisiert, nur in speziellen Ausnahmen sei die Forschung mit pseudonymisierten Daten möglich.
Die Praxen befürchten außerdem Mehrarbeit durch den EHDS. „Ärzte haben nicht die Zeit für einen Nebenjob als Datenlieferanten für Forscher, Politiker und Entwickler von Produkten und Algorithmen“, so Reinhardt weiter. Dorazil erwartet hingegen, dass der EHDS die Behandlung „sehr viel effizienter“ machen werde, da keine doppelten Untersuchungen mehr durchgeführt werden müssten.
Hierzulande sind die benötigten Anwendungen, wie elektronische Patientenakte oder digitale Identität, wenig bis gar nicht verbreitet. Eine Karte der gematik zeigt, dass sie in anderen europäischen Ländern bereits zur Regelversorgung gehören. „Das bringt viele Vorteile für Prävention, Versorgung und Behandlung – und genau da wollen wir auch in Deutschland hin“, sagt gematik-Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken. Die Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums sei der richtige Weg.