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14.09.2022

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz AWMF befürchtet eingeschränkte Verfügbarkeit neuer Arzneimittel

Berlin (pag) – Der Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes sieht folgenreiche Änderungen beim AMNOG vor. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) befürchtet, dass dadurch insbesondere chronisch kranken Patientinnen und Patienten der der Zugang zu neuen wirksamen Arzneimitteln erschwert wird.

Bislang wird der Zusatznutzen neuer Medikamente in vier Kategorien bewertet: gering, beträchtlich, erheblich oder nicht quantifizierbar. Künftig soll es nur noch für die beiden obersten Kategorien – beträchtlich und erheblich – einen höheren Preis gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie geben können. Gemessen an den bisherigen Erfahrungen wären das noch 20 Prozent der neuen Arzneimittel statt bisher 56 Prozent, erläutert AWMF-Präsident Prof. Rolf Treede. „Damit würde ein wesentlicher Anreiz zur Verfügbarkeit neuer Arzneimittel in Deutschland wegfallen.“

Der AWMF zufolge hat das vor allem negative Auswirkungen auf innovative Arzneimittel für chronische Erkrankungen wie sie in der Diabetologie, Endokrinologie, Hämostaseologie oder Psychiatrie besonders häufig sind. „Hier würde aus methodischen Gründen fast nie ein so positiver Zusatznutzen gesehen wie beispielsweise in der Onkologie“, betont Prof. Bernhard Wörmann, Vorsitzender der Ständigen Kommission Nutzenbewertung von Arzneimitteln der AWMF. Die bisherige Methodik der frühen Nutzenbewertung mit vier Kategorien müsse daher beibehalten und die Bewertung von Parametern wie Patient-Reported-Outcome und Lebensqualität gefördert werden, verlangt er.

Deutliche Korrekturen fordert die AWMF bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen. Bei ihnen gilt der medizinische Zusatznutzen automatisch als belegt, wenn sie als Orphan Drug zugelassen sind. Die AWMF verweist auf eine Auswertung, wonach nicht bei allen eingesetzten Medikamenten die Patientenzahlen mit dem Orphan-Drug-Status korrelieren. Die besondere Förderung der Arzneimittelentwicklung sollte sich daher auf Erkrankungen beschränken, die in Deutschland selten sind, schlägt Wörmann vor. Das könnten auch biologisch definierte Subgruppen innerhalb von Volkskrankheiten sein.

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