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09.08.2019

Arzneimittelreport Barmer: Impflücken größer als angenommen

Berlin (pag) – Die Impfquoten sind deutlich schlechter als bislang angenommen. Das geht aus dem Arzneimittelreport 2019 der Barmer hervor, der dieses Mal „Impfungen bei Kindern und Jugendlichen“ als Schwerpunktthema hat. Analysiert wurden Daten aus 2017. „Jedes fünfte Kind hat keinen Schutz gegen Masern“, hält Reportautor Prof. Daniel Grandt für den Jahrgang 2015 fest.

Beim Schutz gegen andere Krankheiten sieht es laut Report nicht besser aus. „So wurde bei den Kindern im einschulungsfähigen Alter bei keiner der 13 wichtigsten Infektionskrankheiten ein Durchimpfungsgrad von 90 Prozent im Jahr 2017 erreicht“, bedauert Barmer-Chef Prof. Christoph Straub. Die Zahlen der Krankenkasse seien zuverlässiger als die des Robert Koch-Instituts (RKI). Dieses ermittele bei den Schuleingangsuntersuchungen lediglich die Werte anhand der Impfpässe. Demnach sind die RKI-Raten auch höher, gegen Masern beispielsweise deutlich über 90 Prozent. Angesichts der Barmer-Zahlen sei man von der sogenannten Herdenimmunität, die Impflücken von unter fünf Prozent voraussetzt, allerdings weit entfernt, sagt Grandt, der auch Vorstandsmitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ist.
Dabei sei die Ausrottung von beispielsweise Masern möglich, sagt Straub. Er hat wenig Verständnis für gesellschaftliche Phänomene, die dem Motto Immunität durch Ansteckung folgen: „Ich halte Masernpartys für wirklich irre.“ Um die Lücken zu schließen, plädiert die Barmer zum Beispiel für digitale Erinnerungslösungen. Grandt schlägt eine „strukturierte Infektionserkrankungs-Vorsorge“ vor.
Laut Straub besteht zwar ein Zusammenhang zwischen Homöopathieglaube und Impfskepsis. Homöopathische Leistungen will er aber nicht aus den Satzungsleistungen streichen. „Nach dem Sozialgesetzbuch sind wir ausdrücklich angehalten, nicht gegen alternative Therapieformen zu diskriminieren“, sagt er.
Dem geplanten Masernschutzgesetz steht der Kassenchef mit gemischten Gefühlen gegenüber, da er grundsätzlich gegen Zwang sei. Grant meint, dass es aus ärztlicher Sicht keinen Sinn ergebe, den Dreifachimpfstoff gegen Mumps, Masern und Röteln wieder auf einzelne Komponenten „aufzudröseln“.

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