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25.01.2022

VdK Benachteiligung von Versicherten mit wenig Geld

Berlin (pag) – Der Sozialverband VdK hat Verfassungsbeschwerde gegen eine geänderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eingelegt, die den Druck von Krankenkassen nimmt, innerhalb einer bestimmten Frist notwendige medizinische Leistungen zu genehmigen.

„Seit der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können sich nur noch wohlhabende Versicherte ein Vorstrecken der oft sehr hohen Kosten etwa für Hilfsmittel wie Rollstühle leisten“, kritisiert VdK-Präsidentin Verena Bentele ein BSG-Grundsatzurteil vom 26. Mai 2020. Menschen mit kleinen Einkommen müssten auf solche Hilfsmittel, aber auch auf Therapien oder Operationen verzichten. Das verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, was der VdK für verfassungswidrig hält.

Das Gericht hat die sogenannte Genehmigungsfiktion abgeschafft. Diese sah vor, dass eine vom Krankenversicherten beantragte Leistung automatisch als genehmigt galt, wenn die Krankenkasse nach Ablauf einer dreiwöchigen Frist – bei einer erforderlichen gutachterlichen Stellungnahme nach fünf Wochen – nicht über den Antrag entschieden hatte, erläutert der VdK. Die Genehmigungsfiktion sollte langsame Verwaltungsverfahren beschleunigen. Nach Ablauf der Frist konnten Versicherte sich die Leistung selbst beschaffen und die Kosten von der Krankenkasse erstatten lassen oder als Sachleistung von der Krankenkasse beanspruchen.

Nach dem Urteil kann ein Antrag auf Sachleistung nun auch nach Ablauf der drei- beziehungsweise fünfwöchigen Frist von der Krankenkasse abgelehnt werden. „Das benachteiligt alle Menschen, die nicht genug Geld haben, über einen ungewissen Zeitraum eine große Summe vorzustrecken, ohne zu wissen, ob sie es überhaupt erstattet bekommen“, sagt Bentele.
Studien zeigten sehr deutlich, dass der Gesundheitszustand von Menschen mit wenig Geld schlechter ist. Für Bentele zementiert das BSG mit dieser Entscheidung wissentlich die Unterschiede zwischen Arm und Reich, die soziale Spaltung im Land vertiefe sich weiter. Ziel der Verfassungsbeschwerde sei, die Genehmigungsfiktion wieder voll herzustellen.

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