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26.04.2018

Kieferorthopädie BRH fordert Nutzennachweis der Behandlungen

Berlin (pag) – In einem Statement zu seinem Jahresbericht 2017 übt der Bundesrechnungshof (BRH) scharfe Kritik an teuren kieferorthopädischen Behandlungen. 1,1 Milliarden Euro gibt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) pro Jahr dafür aus. Eine fehlende Versorgungsforschung lässt es laut BRH fraglich erscheinen, ob die Kassen kieferorthopädische Leistungen in ausreichendem, zweckmäßigem und wirtschaftlichem Maße erbringen.

Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Deutschland werden über Jahre kieferorthopädisch behandelt. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die gesetzlichen Krankenkassen hätten jedoch kaum Einblick in das konkrete Versorgungsgeschehen, Ziel und Erfolg kieferorthopädischer Behandlungen seien nur unzureichend erforscht – so die Kritik des BRH. Die fehlende Transparenz haben der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information bereits vor Jahren beanstandet. Das BMG sei dem aber nicht nachgegangen, heißt es. Viele Versicherte nähmen zusätzlich zu den Leistungen ihrer Krankenkassen Selbstzahlerleistungen in Anspruch. Auch hier sei ungewiss, um welche Leistungen es sich im Einzelnen handelt und welche Erfolge damit erzielt werden. Darüber hinaus hätten sich die Kosten pro Behandlungsfall in den Jahren 2008 bis 2016 fast verdoppelt. Vor diesem Hintergrund wird die Kostenteuerung und das Fehlen einer Versorgungsforschung kritisiert und eine medizinische Nutzenbewertung kieferorthopädischer Behandlungen gefordert. „Ohne Versorgungsforschung haben Bundesgesundheitsministerium und Krankenkassen hier derzeit ein Erkenntnisproblem“, sagte BRH-Präsident Kay Scheller.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) weist die Kritik laut Medienberichten zurück. Die Einführung der Indikationsgruppen 2002, mit der nach zuverlässigen, objektiven Kriterien geregelt werde, wann die Kassen eine Behandlung übernehmen, habe Einfluss auf Anzahl und Kosten der Behandlungen, so das Ministerium. Die Zahl der Abrechnungsfälle habe sich nach der Umstellung um mehr als 50 Prozent reduziert, heißt es.
Laut Spitzenverband der GKV habe sich die Einführung der Indikationsgruppen bewährt. Trotz reduzierter Abrechnungsfälle und gesunkener Gesamtkosten seien jedoch die Kosten pro Fall stark gestiegen. Eine wissenschaftliche Nutzen-Überprüfung, wie vom BRH angemahnt, wird daher auch von der GKV angeraten.