Direkt zu:

20.06.2022

Digitalisierung
 
Datenschutz versus Datennutzung?

Berlin (pag) – „Wir sind ein System voller Daten und wir haben unglaublich viele Regeln für die Datenverarbeitung.“ So lautet die aktuelle Digitalisierungsdiagnose für das Gesundheitswesen, die Prof. Christian Dierks beim Rechtssymposium des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) stellt. Er appelliert dafür, bei den regulatorischen Rahmenbedingungen den föderalen Flickenteppich zu bereinigen.

Der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter des Beratungsunternehmens Dierks+Company stellt zu Beginn seines Vortrags klar: „Nur Papier zu scannen und dann irgendwo zu speichern, ist noch keine Digitalisierung.“

Stichwort Regulation: In Deutschland gilt neben der DGSVO das Bundesdatenschutzgesetz, das seit Inkrafttreten der europäischen Grundverordnung doppelt so lang wie vorher sei. Hinzu kommen 16 Landesdatenschutzgesetze, denn Datenschutz ist Ländersache – dieses Thema habe die Föderalismusreform versäumt aufzugreifen, moniert Dierks. Er verweist außerdem auf die 13 Landeskrankenhausgesetze, die Vorgaben für das Verarbeiten von Daten in Krankenhäusern in öffentlicher oder privater Trägerschaft enthalten. Für Kliniken in frei-gemeinnütziger Trägerschaft gelte dagegen das Recht der jeweiligen Kirche. „Gemäß Weimarer Reichsverfassung haben wir die Datenschutzordnungen der vier großen evangelischen Landeskirchen und die Kirchendatenschutzordnungen der Diözesen“, führt der Rechtsexperte aus.

In Deutschland gibt es 27 Diözesen und damit auch 27 Diözesan-Datenschutzbeauftrage. Neben den zahlreichen Regelungen zum Datenschutz gebe es hierzulande eben auch sehr viel Aufsicht, hält Dierks mit Blick auf die 17 Landesdatenschutzbeauftragten – in Bayern gibt es davon zwei – und den Bundesdatenschutzbeauftragten fest. Nicht zu vernachlässigen sind die 45 Ethikkommissionen, die bei klinischen Studien die datenschutzrechtliche Zulässigkeit prüfen. Folge dieser mannigfaltigen Aufsichten und Regulierungen ist, dass die Daten, die bei den jährlich 16,4 Millionen Krankenhausbehandlungen und den 553 Millionen ambulanten Behandlungen erzeugt werden, kaum genutzt werden. „Und diesen Zustand sollten wir ändern.“

Verwandte Artikel