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15.09.2020

Arzneiverordnungs-Report Die Gründe für den „Ausgabenboom“ bei Arzneimitteln

Frankfurt a.M. (pag) – Der neue Arzneiverordnungs-Report (AVR) 2020 kritisiert einen „kontinuierlichen Ausgabenboom“ bei Arzneimitteln. Denn trotz jährlicher Einsparungen von 16,8 Milliarden Euro bei den Arzneimittelkosten durch gesetzliche Maßnahmen seien die Ausgaben im vergangenen Jahr um 5,4 Prozent auf 43,4 Milliarden Euro angestiegen.

Dafür machen die AVR-Herausgeber Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, und Prof. Ulrich Schwabe insbesondere neue hochpreisige patentgeschützte Arzneimittel verantwortlich. Neben Onkologika (8,2 Milliarden Euro, +13,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) zeigten sich auch bei Immunsuppressiva, Antithrombotika und Dermatika überdurchschnittliche Zunahmen.
Außerdem seien Biosimilars hierzulande wesentlich teurer als in anderen Ländern, monieren die beiden Herausgeber. Gleiches gelte für patentfreie Nichtbiologika aus der Gruppe der Krebsmedikamente: Bei den Patentabläufen des vergangenen Jahres seien Parallelimporte von einigen Originalpräparaten aus anderen europäischen Ländern deutlich billiger als die ersten deutschen Generika, „während mit Generika aus anderen europäischen Ländern bereits Einsparungen von über 40 Prozent erzielt werden können“, heißt es in der begleitenden Pressemitteilung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die „schleppende“ Umsetzung von Festbeträgen. Zwei Beispiele werden dafür genannt: Drei Jahre habe es nach dem Patentablauf des Biologikums Infliximab gedauert, bis eine Festbetragsgruppe etabliert wurde. Beim Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist zu erfahren, dass die erste Beratung des Unterausschusses Arzneimittel dazu am 6. Dezember 2016 stattgefunden hat. Am 1. April 2018 ist der Festbetrag in Kraft getreten. Als weiteres Beispiel wird im Report das Krebsmittel Imatinib genannt. Hierzu teilt der GKV-Spitzenverband mit, dass der Gruppenbildungsprozess beim G-BA noch nicht begonnen habe. Auf Nachfrage betont Schwabe, dass den AVR-Verordnungsdaten von Imatinib zufolge bereits 2017 die Voraussetzungen für die Bildung einer Festbetragsgruppe nach § 35, Abs. 5 Sozialgesetzbuch vorhanden gewesen seien.

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