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14.08.2020

Barmer-Report Ein „uraltes“ Problem: Sektorenübergreifende Arzneimitteltherapie

Berlin (pag) – Der Barmer-Arzneimittelreport 2020 beleuchtet ein „seit Jahrzehnten bekanntes und hochrelevantes Problem“, so Kassenchef Christoph Straub: Koordinations- und Kommunikationsprobleme der sektorenübergreifenden Arzneimitteltherapie. Diese können insbesondere für Polypharmazie-Patienten gefährliche Folgen haben.

Drei Probleme adressiert der Report: Erstens haben bei der Aufnahme ins Krankenhaus nur 29 Prozent der Patienten den bundeseinheitlichen Medikationsplan, der Informationsverluste verhindern soll. 17 Prozent verfügen über gar keine aktuelle Aufstellung ihrer Medikamente. Dies ergibt eine Umfrage unter rund 2.900 bei der Barmer versicherten Polypharmazie-Patienten über 65 Jahre. „Arzneimitteltherapie im Blindflug“, bringt es Reportautor Prof. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken auf den Punkt.
Zweitens fließen die Informationen zur Arzneimitteltherapie auch während des Klinikaufenthalts nur bruchstückhaft. Über 30 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen die Arzneitherapie vom Arzt nicht erklärt worden sei. Jeder dritte Patient mit geänderter Therapie habe zudem vom Krankenhaus keinen aktualisierten Medikationsplan erhalten.
Drittens stockt die Weitergabe von behandlungsrelevanten Daten aus dem stationären in den ambulanten Sektor. Einer Umfrage unter 150 Hausärzten zufolge waren 40 Prozent der Allgemeinmediziner mit den Informationen durch das Krankenhaus unzufrieden oder sehr unzufrieden. Nur bei jedem dritten betroffenen Patienten seien Therapieänderungen begründet worden. Wie die Routinedatenanalyse zeigt, hatten 41 Prozent der Versicherten, also fast 484.000 Personen, nach Entlassung mindestens ein neues Arzneimittel bekommen.
Für Barmer-Chef Straub geht es nicht um ein „Versagen der Ärzte“, vielmehr handele es sich um eine Frage der Organisation. Die Kasse will daher demnächst einen auf Kassendaten basierenden elektronischen Medikationsplan erproben. Dieser sei mit Vertretern der Ärzteschaft entwickelt worden, heißt es.

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