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12.03.2018

Organspende  Fachgesellschaften: Das „Tabu Widerspruchslösung“ soll fallen

Berlin (pag) – Vorbild Niederlande? Das Nachbarland hat bei der Organspende die Widerspruchslösung eingeführt. Angesichts der im Vergleich zu anderen Ländern geringen Zahl gespendeter Organe fordern die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) und die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) diese Lösung auch für Deutschland.

„Ich wünsche mir ähnlich mutige Politiker im Bundestag wie in Holland“, sagt DTG-Generalsekretär Prof. Christian Hugo. In keinem anderen hochentwickelten Land werden so wenige Organe gespendet wie hierzulande, beklagen DTG und DGfN. Die langen Wartezeiten bedingten immer kränkere Patienten zum Zeitpunkt der Transplantation, was sich trotz hoher Versorgungsqualität auch auf die Behandlungsergebnisse auswirke.
In Deutschland gilt die sogenannte Entscheidungslösung: Die Krankenkassen müssen ihre Mitglieder alle zwei bis fünf Jahre anschreiben und ergebnisoffen über die Organspende informieren. Die Menschen sollen so zu einer Entscheidung für oder gegen die Organ- und Gewebespende angeregt werden. Den Experten der Transplantationsgesellschaft zufolge haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass diese Lösung nicht greife, die Zahl der Organe sei weiter zurückgegangen.
„Unser System ermöglicht den Menschen, die Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema des eigenen Ablebens und der eigenen Positionierung zur Organspende weiter zu vertagen“, kritisiert DGfN-Präsident Prof. Mark Dominik Alscher. Die Widerspruchslösung hingegen sei eine echte Entscheidungslösung. Mit ihrer Einführung in den Niederlanden werden alle holländischen Staatsbürger verbindlich befragt, ob sie nach ihrem Tod Organspender werden wollen oder nicht. Keine Antwort gilt das als Zustimmung.

Widerspruchslösung allein reicht nicht

Die beiden Fachgesellschaften stellen aber auch klar, dass die Einführung der Widerspruchslösung von einem umfassenden Maßnahmenpaket begleitet werden müsse. Nur dann könne sie den gewünschten Erfolg haben. Konkret benennt DTG-Präsident Prof. Bernhard Banas Defizite bei der Erkennung von potenziellen Organspendern, bundesweit uneinheitliche Regelungen für Transplantationsbeauftragte und die im internationalen Vergleich nur limitierten Möglichkeiten der Transplantationsmedizin. „Es braucht Veränderungen auf allen Ebenen – und dies muss auch ein Nachdenken über ein 20 Jahre altes Transplantationsgesetz einschließen.“ 

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