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24.10.2019

Masernimpfpflicht
Geteiltes Echo im Gesundheitsausschuss
 

Berlin (pag) – Führt das Masernschutzgesetz zu niedrigeren Impfraten anderer Infektionskrankheiten? Dieses Szenario halten Experten nicht für unwahrscheinlich, wie sie bei der öffentlichen Anhörung des geplanten Gesetzes im Gesundheitsausschuss anmerken.

Einer von ihnen ist Prof. Wolfram Henn vom Deutschen Ethikrat. Durch eine Masernimpfpflicht könnten Menschen vergrault werden, sodass sie sich zum Beispiel nicht gegen andere Krankheiten schützen. Er befürchtet außerdem eine „Rückkehr zum Einmalimpfstoff“ und plädiert für Erinnerungssysteme durch Ärzte und deren Teams. Denn – auch das wird in der Anhörung deutlich – häufig ist es nicht Skepsis oder Ablehnung, sondern einfach nur Vergesslichkeit, die die Bürger hindert, sich impfen zu lassen.
Positiv dagegen bewerten die Vertreterinnen der Bundesärztekammer (BÄK) und des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte die Masernimpfpflicht. BÄK-Vertreterin Dr. Katrin Bräutigam hält aber weitere Maßnahmen wie eine Aufklärungskampagne für notwendig. Sie betont außerdem: „Die Impfstoffe müssen verfügbar sein.“ Die Masernimpfpflicht hält der Einzelsachverständige Prof. Nils Schaks für verfassungsgemäß. „Die Impfung stellt einen Grundrechtseingriff da“, sagt der Jurist zwar, doch sie sei legitim. Denn durch eine hohe Quote würden auch die Menschen geschützt werden, die nicht geimpft werden dürfen.
Bedenken am Entwurf äußert die Gesundheitswissenschaftlerin und Psychologin Prof. Cornelia Betsch: „Die Erwachsenen werden hier vergessen.“ Denn diese Gruppe weise niedrigere Impfraten auf als Kinder. Ein emotionales Plädoyer für die Stärkung ihres Bereichs hält Dr. Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Dienstes. Sie erinnert an die Impfungen in den Schulen. „Da müssen wir wieder hin.“
Bereits im Vorfeld sorgte ein Änderungsantrag der Regierungskoalition für Wirbel: In regionalen Modellvorhaben sollen Apotheker künftig gegen Influenza impfen. Dr. Sibylle Steiner von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung lehnt das ab: Impfen sei originäre Aufgabe der Ärzte.

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