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26.07.2018

Health Technology Assessment Hallek fordert Systemwechsel bei Innovationen

Berlin (pag) – „Medizin der Zukunft: Was ist möglich und was sollte die Solidargemeinschaft bezahlen?“ Unter diesem Titel debattieren kürzlich Experten auf dem MDK-Kongress über Innovationen. Eine Frage lautet dabei: Wie kann der Nutzen neuer Arzneien besser und schneller bewertet werden?

„Der Nutzen von Innovationen ist fast immer unzureichend belegt, weil wir keine Daten haben. Da muss der Gesetzgeber ran“, sagt Prof. Axel Heyll, Leiter des Competenz-Centrums Onkologie der MDK-Gemeinschaft. Dieser müsse vorgeben, dass alles, was nicht ausreichend belegt ist, nur in qualifizierten Zentren und klinischen Studien erprobt werden darf. Ansonsten werde viel Geld ausgegeben, ohne den Beleg eines Nutzens und ohne Erkenntnisgewinn, so Heyll.
Dr. Gerd Schillinger, Geschäftsführer Stab Medizin beim AOK-Bundesverband, hält außerdem zusätzliche Reviews von spezialisierten Zentren für notwendig. Grundsätzlich beklagt er ein Knowledge-Transfer-Problem: „Das Wissen kommt nicht bei den Ärzten, Medikamente nicht bei den Patienten an.“

„Wir brauchen einen Systemwechsel bei Innovationen“, verlangt Prof. Michael Hallek, Direktor Klinik I für Innere Medizin und CIO Köln Bonn der Uniklinik Köln. Die vielen Institute und Behörden – etwa der Gemeinsame Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen – könnten die Schwierigkeiten nicht erfassen. In der Onkologie müsse man schneller wissen, ob neue Arzneien, die sich in der Zulassung befinden, einen Zusatznutzen haben. Sie müssten permanent im Alltag bewertet werden, zum Beispiel in Kompetenznetzen. Man benötige ein „wissensgeneriertes System, denn die aktuellen Systeme sind weder genau genug, noch gut genug, noch schnell genug“, so Hallek.
Angesichts der großen Menge an Innovationen plädiert Prof. Reinhard Busse, dafür, andere europäische Länder bei der Datenerhebung und Evaluation arbeitsteilig mit ins Boot holen. Dafür brauche es eine einheitliche Grundlage auf europäischer Ebene, betont der Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin. „Mit den langen Verfahrensdauern kommen wir den Innovationen nicht mehr hinterher. Wir brauchen Innovationsbewertungsrichtlinien 2.0, die die Innovationen zwischen den Verfahren aufgreifen.“ Viele Neuerungen würden gar nicht klassisch zugelassen. Die deutsche Politik solle ferner darüber nachdenken, ob weiterhin alle Entscheidungen von der Selbstverwaltung getroffen werden, so Busse.

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