Direkt zu:

08.05.2023

Debatte Hecken: PKV behindert „sachgerechte Allokation“

Berlin (pag) – Das duale System der Kranken- und Pflegeversicherung steht im Mittelpunkt eines Symposiums des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Dessen ehemaliger Geschäftsführer Prof. Klaus Jacobs kritisiert, dass dieses „Unikum“ bereits seit Längerem nicht mehr politisch hinterfragt werde.

„Warum macht es denn kein anderes Land, wenn es sinnvoll ist?”, fragt Jacobs. Er prangert an, dass die Politik zwar mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt einfordere – aber nicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. „Da sind Privilegien wichtiger“. Der Versorgungsforscher verweist auf eine repräsentative Forsa-Umfrage unter rund 2.000 gesetzlich und privat Krankenversicherten, die aktuell im Auftrag des WIdO durchgeführt wurde. Diese zeigt eine klare Präferenz dafür, die gesamte Bevölkerung in der GKV zu versichern, statt den Status quo des Nebeneinanders der beiden Systeme zu belassen. Das befürworten 76 Prozent der GKV-Versicherten sowie 48 Prozent der befragten Privatversicherten.

Auch der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sieht den Dualismus kritisch. Prof. Josef Hecken verweist darauf, dass die PKV beispielsweise von den Qualitätssicherungsmaßnahmen und den verhandelten Erstattungsbeiträgen neuer Arzneimittel in der GKV profitiere. Dagegen behindere sie teilweise die „sachgerechte Allokation von versorgungsrelevantem Personal“. Damit bezieht er sich auf den ambulanten Bereich, in dem die Bedarfsplanung dadurch konterkariert wird, dass sich die Niederlassung eines Arztes daran orientiert, „wo es am Ende den vermeintlich höchsten PKV-Anteil gibt“. Als Folge sieht Hecken, dass sehr große Finanzmittel im ambulanten Setting nach dem Zufallsprinzip alloziert werden, „ohne dass es in den meisten Fällen eine medizinische Notwendigkeit dafür gibt, das Geld an dieser Stelle auszugeben“.

Angesichts von Ärztemangel, Mittelknappheit und einer älter werdenden Bevölkerung sollte gesellschaftspolitisch diskutiert werden, dass sich zehn Prozent der Besserverdienenden entsolidarisieren, findet Hecken. Dies fordert er insbesondere angesichts der Tatsache, dass bereits „an der einen oder andere Stelle“ über verdeckte Rationierung diskutiert werde.