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21.06.2018

Bundessozialgericht Hirngeschädigte Alzheimerpatienten haben Anspruch auf Blindengeld

Berlin (pag) – Der 9. Senat des Bundessozialgerichts hat am 14. Juni  (Aktenzeichen: B 9 BL 1/17 R) entschieden, dass auch schwerst Hirngeschädigte, die keine visuelle Wahrnehmung haben, grundsätzlich Anspruch auf Blindengeld haben können.

Die Klägerin leidet an einer schweren Alzheimer-Demenz und kann deshalb Sinneseindrücke kognitiv nicht mehr verarbeiten. Ihr Antrag auf Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG) wurde jedoch von der zuständigen Stelle abgelehnt. Anders als das Sozialgericht hat das Landessozialgericht der Klage jedoch stattgegeben. Das Bundessozialgericht hat den Rechtsstreit zwar an die Vorinstanz zurückverwiesen, zur Sache aber ausgeführt, dass bei cerebralen Störungen von Blindheit auch dann auszugehen ist, wenn der Betroffene nichts sieht, obwohl keine spezifische Sehstörung nachweisbar ist. Liegt eine Erblindung vor, wird Blindengeld zum Ausgleich entsprechender Mehraufwendungen als Pauschalleistung erbracht. Kann ein Aufwand aufgrund der Eigenart des Krankheitsbildes aber gar nicht erst entstehen, wird der Zweck des Blindengelds verfehlt. In diesen besonderen Fällen darf der zuständigen Behörde der anspruchsvernichtende Einwand der Zweckverfehlung nicht verwehrt werden. Ob hier ein solcher Ausschlussgrund zum Tragen kommt, hat die Vorinstanz noch festzustellen und abschließend zu prüfen.
Bereits im August 2015 hatte der 9. Senat des BSG entschieden, dass auch schwerst Hirngeschädigte, darunter auch Kinder, die nicht sehen können, Anspruch auf Blindengeld haben (Az. B 9 BL 1/14 R). Anders als bisher entschieden, ist hierfür nicht mehr erforderlich, dass ihre Beeinträchtigung des Sehvermögens noch deutlich stärker ausgeprägt ist als die Beeinträchtigung sonstiger Sinneswahrnehmungen wie zum Beispiel Hören oder Tasten (sogenannte spezifische Störung des Sehvermögens).