WIdO„Hochpreiser“ spielen nur geringe Versorgungsrolle
Berlin (pag) – Patentgeschützte Arzneimittel werden immer teurer, spielen in der Versorgung aber eine immer geringere Rolle. Zu diesem Schluss kommt das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in einer aktuellen Analyse. Vor Verschwendung warnt sogar der neue Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
Demnach steigen die Nettoausgaben für Arzneimittel in der GKV 2023 auf 54 Milliarden Euro, eine Milliarde mehr als 2022 und 23 Milliarden mehr als 2014. Für diese Entwicklung macht das WIdO in erster Linie patentgeschützte Arzneimittel verantwortlich. Auf diese entfielen mehr als die Hälfte der Ausgaben, gleichzeitig deckten sie aber einen immer geringeren Versorgungsanteil ab: Nach verordneten Tagesdosen liege dieser 2023 bei 6,7 Prozent. 2014 seien es noch 11,4 Prozent gewesen. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz habe „den starken Anstieg der Markteintrittspreise nicht wirksam bremsen können“, stellt WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder fest. Er fordert, „dass der bestehende regulatorische Rahmen dringend weiterentwickelt werden muss“.
Während die Nettokosten der Arzneimittel im Gesamtmarkt in den letzten zehn Jahren um 74 Prozent gestiegen seien, habe die Anzahl der Verordnungen lediglich um 13,2 Prozent von 651,5 auf 737,3 Millionen zugenommen. „Dieser Trend ist ungebrochen und kann weder durch den knapp sechsprozentigen Anstieg der GKV-Versichertenzahl noch durch die Zunahme der Verordnungsmenge um 13 Prozent erklärt werden“, so Schröder. Die Ursache liege laut der AOK-Wissenschaftler vor allem in den gestiegenen Arzneimittelpackungs-Preisen. So betrage 2023 der durchschnittliche Preis je verordneter Arzneimittelpackung 73,18 Euro (2014: 47,60 Euro).
In den besonderen Fokus nimmt das WIdO Arzneimittel mit einem Apothekenverkaufspreis von mindestens 1.000 Euro. Diese „Hochpreiser“ nehmen laut Analyse immer größere Umsatzanteile ein. Während 2014 nur etwa jeder vierte Euro (27,6 Prozent) des Gesamtumsatzes auf Arzneimittel mit Preisen von 1.000 Euro oder mehr entfallen sei, sei es 2023 knapp jeder zweite Euro (47,6 Prozent). Dabei nähmen diese im vergangenen Jahr nur einen Anteil von 1,5 Prozent von insgesamt 692 Millionen Verordnungen von Rx-Medikamenten ein.
Unterdessen hat Prof. Bernd Mühlbauer, neuer Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), seine Mission umrissen: evidenzbasierte Positionsbestimmungen angesichts aktueller Entwicklungen im Arzneimittelmarkt breit in die Ärzteschaft hineintragen. Bei der AkdÄ-Mitgliederversammlung wird er Medienberichten zufolge noch deutlicher: Der Bremer Pharmakologe sieht es als Aufgabe der Kommission an, Klarheit darüber zu schaffen, dass die Mittel endlich seien und dass das Geld nur für Medikamente ausgeben werden dürfe, die einen wirklichen Zusatznutzen für Patienten haben. „Für Überflüssiges dürfen wir keine Mittel verschwenden.“