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28.10.2021

Arzneimittel Hochpreisigkeit und flexible Vergütungsmodelle

Berlin (pag) – Neuer Höchststand des Arzneimittelumsatzes der gesetzlichen Krankenkassen: 2020 ist dieser gegenüber dem Vorjahr um 4,9 Prozent auf 49,2 Milliarden Euro gestiegen. Ausschlaggebend dafür sei der „ungebrochene Trend zur Hochpreisigkeit bei neuen Arzneimitteln", sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, anlässlich der Publikation des neuen Arzneimittel-Kompasses 2021.

Gegenüber 2011 habe sich der Durchschnittspreis einer Arzneimittelpackung für eine neue Markteinführung auf das 57-Fache erhöht: In 2011 lag der durchschnittliche Packungspreis für ein Arzneimittel, das in den vorangegangenen 36 Monaten auf den Markt gekommen ist, bei 902 Euro. Im August 2021 wurde bereits ein Preis von 51.189 Euro notiert. Sogenannte Hochpreiser werden nicht nur häufiger von den Herstellern auf den Markt gebracht, „sondern nehmen auch immer größere Umsatzanteile ein“, sagt Schröder. Die Folge sei, dass zunehmend mehr Geld für die Versorgung von wenigen Patientinnen und Patienten aufgewendet wird. In 2011 entfielen noch rund 17 Prozent des Gesamtumsatzes auf Arzneimittel mit Preisen von 1.000 Euro oder mehr, in 2020 waren es bereits 43 Prozent. „Damit haben sich die Umsätze von hochpreisigen Arzneimitteln in den letzten zehn Jahren vervierfacht und liegen 2020 bei rund 20,9 Milliarden Euro.“ Schröder zufolge erreichten diese Arzneimittel mit einem Preis von 1.000 Euro und mehr aber nur einen Verordnungsanteil von 1,1 Prozent aller 684 Millionen Verordnungen des Jahres 2020.

Für Outcome-bezogene Erstattungsmodelle, die AMNOG und Preisverhandlungen bei hochpreisigen innovativen Arzneitherapien ergänzen, machen sich die Gesundheitsökonomen Prof. Dieter Cassel und Prof. Volker Ulrich stark. Diese Modelle könnten etwa bei Arzneimitteln für neuartige Therapien sowohl den generellen Zugang zum medizinischen Fortschritt als auch seine Finanzierbarkeit erleichtern. So lautet eine Schlussfolgerung aus den neu erschienenen AMNOG-Daten 2021 des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, als deren Autoren Cassel und Ulrich verantwortlich zeichnen.
Ein reformpolitisch wichtiger Schritt ist den beiden zufolge die Wiedereinführung eines Risikopools im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Dieser müsse jedoch so ausgestaltet sein, dass es keine Fehlanreize gibt, indem prospektive Ratenzahlungsmodelle mit klassischen Einmalzahlungen gleichgestellt werden, warnen die Gesundheitsökonomen.

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