Bericht
IQWiG blickt auf das „Jahr der Orphan Drugs“ zurück
Köln (pag) – 2023 ist das „Jahr der Orphan Drugs“ beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). So ist es im aktuell veröffentlichten Jahresbericht des Instituts nachzulesen. Darin fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Paradigmenwechsel bei Medikamenten gegen seltene Leiden.
Ende 2022 wird die jährliche Umsatzschwelle bei Orphan Drugs auf 30 Millionen Euro abgesenkt. Dies führt 2023 im IQWiG zu 12 zusätzlichen oder vorgezogenen Aufträgen zur Bewertung von umsatzstarken Wirkstoffen, die ihr Orphan-Privileg eingebüßt haben. Im Jahresbericht heißt es allerdings, dass die Senkung der Schwelle den Anteil der regulär zu bewertenden Orphan Drugs auf Dauer nur gering verändere: von bislang gut 20 Prozent auf etwa 30 Prozent aller Orphan Drugs. Das „prinzipielle Problem des fiktiven Zusatznutzens“ sei damit kaum adressiert, betont das Institut.
Nach Ansicht von IQWiG-Leiter Dr. Thomas Kaiser ist ein Paradigmenwechsel vonnöten: Statt neue Wirkstoffe auf der Basis teilweise „extrem spärlicher“ Evidenz früh in die Versorgung zu bringen, müsse die nötige Evidenz bereits parallel zur Zulassung generiert werden. Dafür seien geänderte finanzielle Anreize und der Aufbau einer Forschungsinfrastruktur erforderlich.
Kaiser kündigt im Jahresbericht an, die Generierung guter Evidenz noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Gute Studien seien die Voraussetzung für gute Entscheidungen, auch die Bewertungen profitierten davon. Es sei zu kurz gegriffen, vorrangig vorhandene Studien zu kritisieren. „Ein wichtiger Bestandteil evidenzbasierter Medizin und damit auch des IQWiG sollte es sein, Wege zur Evidenzgenerierung aufzuzeigen, die zu guten, aber auch machbaren und zielgerichteten Studien führen“, so der IQWiG-Chef. Er will sich früher und stärker mit der Expertise des Instituts einbringen – sowohl national als auch international.
Dem Bericht ist außerdem zu entnehmen, dass das IQWiG im Herbst umziehen wird und zum ersten Mal seit zehn Jahren zu einem parlamentarischen Abend in Berlin einlädt.