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03.11.2021

Lockdown Jeder 7. Patient verpasst potenziell lebensrettende Tumoroperation

Tübingen (pag) – Einer von sieben Patienten weltweit hat während der Lockdowns eine potenziell lebensrettende Krebsoperation nicht erhalten. Das zeigen Daten einer Studie des Forschungsnetzwerkes COVIDSurg, an der Ärztinnen und Ärzte des Universitätsklinikums Tübingen beteiligt sind.

An der Studie beteiligten sich knapp 5.000 Chirurginnen und Chirurgen aus aller Welt, um Daten von über 20.000 Patientinnen und Patienten mit 15 häufigen Tumorerkrankungen zusammenzutragen. Die Angaben stammen aus 466 Krankenhäusern in 61 Ländern. In Deutschland waren über 90 Ärzte aus 19 Klinken beteiligt, die dafür Daten von 399 Patienten beigesteuert haben.

Bei vollständigen Lockdowns erfolgten Operationen im Mittel mit 5,3 Monaten Verzögerung. Ein Siebtel der Patienten (15 Prozent) erhielt die eigentlich notwendige Operation überhaupt nicht. In Zeiten, in denen es nur geringe Einschränkungen gab, lag der Anteil von nicht operierten Patienten bei unter einem Prozent. Besonders problematisch war die Situation bei Krebspatienten, die bereits über sechs Wochen auf ihre Operation warteten oder die sehr gebrechlich waren beziehungsweise bei fortgeschrittener Krebserkrankung sowie in ärmeren Ländern. Gerade in Ländern mit einer weniger ausgeprägten Gesundheitsinfrastruktur hatten die Einschränkungen signifikante Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der Tumorpatienten.

„Die Daten zeigen sehr klar, dass Schließungen von Kliniken und einschneidende Maßnahmen im Gesundheitswesen während der Pandemie weltweit nachteilige Auswirkungen auf die Schutzbedürftigsten unserer Patientinnen und Patienten hatten“, sagt Prof. Alfred Königsrainer vom Universitätsklinikum Tübingen. Die Sicherstellung von Kapazitäten für Krebsoperationen sollte ein wichtiger Baustein der nationalen Pandemieplanung werden.

Dr. Markus Löffler, ebenfalls Universitätsklinik Tübingen, rechnet damit, dass durch Verschiebungen und verminderte Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen während der Pandemie fortgeschrittene Krebserkrankungen auch in Deutschland verstärkt auftreten werden. „Für dieses Szenario sollten wir bereits jetzt Vorkehrungen treffen.“

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