Gesundes-Herz-GesetzJetzt mit mehr Selbstverwaltung
Berlin (pag) – Mit dem Kabinettsentwurf zum Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) kommt Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) der Selbstverwaltung entgegen. Doch nicht alle Kritiker sind befriedet.
Kinder und Jugendliche sollen auf familiäre Hypercholesterinämie systematisch gescreent werden, idealerweise schon in der U9-Untersuchung. Details dieser Früherkennungsmaßnahme soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) regeln. Für die Jugenduntersuchungen J1 müssen die Krankenkassen individuell einladen. An einer breiteren Statinversorgung hält Lauterbach fest. Allerdings holt er auch hier – im Gegensatz zum Referentenentwurf – den G-BA mit ins Boot, „insbesondere zu den erforderlichen Festlegungen von Ereignisrisiken“, heißt es in der Kabinettsversion.
Für Erwachsene wird laut Entwurf die bereits bestehende Gesundheitsuntersuchung durch die Einführung von Check-Ups für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter von 25, 40 und 50 Jahren erweitert. Zur Prävention und Früherkennung von kardiologischen und tabakassoziierten Erkrankungen will die Bundesregierung durch neue pharmazeutische Dienstleistungen die Apotheken einbinden. Ferner ist ein Präventions-Disease-Management-Programm (DMP) für Herz-Kreislauf-Erkrankungen geplant, außerdem sollen Kassen verpflichtet werden, ihren Versicherten DMPs anzubieten. Lauterbach verspricht sich von dem Gesetz nicht nur die Reduzierung kardiologischer Krankheiten und Todesfälle, er glaubt auch an eine finanzielle Entlastung. „Wir rechnen schnell mit Kosteneinsparungen“, sagt er vor Journalisten.
Viele Inhalte des Gesetzes hielten einer evidenzbasierten Prüfung nicht stand, wie der breitere Einsatz von Lipidsenkern oder das systematische Screening, befindet Prof. Martin Scherer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin- und Familienmedizin (DEGAM). Da der Gesetzgeber Grundsätze der Nutzenbewertung außer Kraft setzen wolle, zieht die DEGAM juristische Schritte in Betracht. „Wir denken über eine Verfassungsbeschwerde nach.“ Ulrike Elsner, Chefin des Verbands der Ersatzlassen, hält das GHG für „überflüssig“ und spricht von einer „undifferenzierten Aufblähung von Früherkennungsuntersuchungen, anstatt eine zielgerichtete Auswahl derjenigen vorzunehmen, die profitieren könnten“.
Deutlich gnädiger fällt das Urteil des unparteiischen G-BA-Vorsitzenden Prof. Josef Hecken aus: „Die Gefahr, dass die Gesundheitsversorgung stärker in Richtung Staatsmedizin rückt, ist durch den neuen Entwurf zunächst einmal deutlich reduziert.“