Globale GesundheitKampf gegen Antibiotikaresistenzen fristet Schattendasein
München/Berlin (pag) – „Wir haben es selbst in der Hand“, verkündet kürzlich Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach, „ob wir ein gutes Leben führen können“ – oder künftig in der Angst leben, dass eine kleine Entzündung oder Verletzung lebensgefährlich wird. Eine Warnung, die sich mit dem Narrativ der Experten deckt: Antibiotikaresistenzen sind Treiber einer „stillen Pandemie“.
In einer Zeit multipler Krisen, die allesamt Aufmerksamkeit binden, friste der Kampf gegen Antimikrobielle Resistenzen (AMR) ein Schattendasein. Nur weil es an einer „optimalen Zeit“ für die Bekämpfung mangele, könne man die Gefahr, die über die Zukunft der Menschen mitentscheide, nicht weiter stiefmütterlich behandeln, konstatiert Lauterbach. Immer häufiger zeigen Antibiotika bei Patienten keine Wirkung, resistente Keime vermehrten sich rasant. Während der medizinische Fortschritt beispielsweise bei Krebs gedeihe, fielen Lösungen gegen AMR zurück. Die Auslöser für steigende Resistenzen seien vielzählig. „Wir haben nach wie vor einen viel zu hohen Einsatz von Breitspektrumantibiotika in der ambulanten Versorgung“, moniert der Minister. Statt solche breit wirksamen Wirkstoffe zu verordnen, müsse die Therapie, wenn notwendig, gezielt stattfinden. Die Deutsche Antibiotikaresistenzstrategie „DART 2030“ schlüsselt die Ziele der nächsten Jahre auf. Darunter: die Entwicklung und Erforschung neuer Antibiotika. Künstliche Intelligenz sei dabei Hoffnungsträger, so Lauterbach. Der Fachkongress, in dessen Rahmen er spricht, müsse nun genutzt werden, um Konsequenzen abzuleiten – „keine Spiegelstrich-Papiere“, sondern waschechte Gesetze und Verordnungen.
Im Schulterschluss befinden sich die Experten darüber, dass neu(artig)e Antibiotika auf den Markt müssen. Warum es daran hapert? Eine bittere Wahrheit für fehlende Wirkstoffe in der Pipeline ist, dass ihr Einsatz nur kurzfristig und selten angedacht ist. Profitabel im Vergleich zu anderen Medikamenten ist die Antibiotikaentwicklung somit nicht. Jüngst verdeutlicht Prof. Christoph Spinner, Facharzt für Innere Medizin und Infektiologe auf einer Veranstaltung von GlaxoSmithKline (GSK), schon heute sterben mehr Menschen durch AMR als an HIV/AIDS oder Malaria. Prognosen zufolge können resistente Keime bis zum Jahr 2050 mit über zehn Millionen Todesfälle per annum assoziiert sein. Gegenüber 2021 ist das eine Steigerung um 73 Prozent. „Die Zeit drängt“, mahnt auch der CDU-Abgeordnete Dr. Georg Kippels.