Gutachten von Medizincontrollern Kontra für Krankenhaus-Regierungskommission
Berlin (pag) – Medizincontroller zerreißen in einem Gegengutachten die fünfte Stellungnahme der Krankenhaus-Regierungskommission in der Luft. Darin macht sich der Expertenkreis um Koordinator Prof. Tom Bschor für eine Konzentration und Spezialisierung in der stationären Krebs-, Schlaganfall- und Endoprothetik-Versorgung stark.
Die Ergebnisse verzerren die Versorgungsrealität in deutschen Kliniken“, kritisiert Prof. Erika Raab die „Potenzialanalyse“ der Kommission. In einem Webinar stellt die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling ihre „Kritische Würdigung“ der Stellungnahme vor.
Bei ihrer Schlaganfall-Analyse hätten die Experten ihre Zahlen nicht um Rezidive und Verlegungen bereinigt, führt Raabs Mitstreiterin und Gesundheitsökonomin Nicole Eisenmenger aus. Ferner geht die Kommission in ihrer Stellungnahme von rund 92.000 Schlaganfall-Toten für 2021 aus. Der Expertenstab um Raab errechnet allerdings anhand der Gesundheitsberichterstattung des Bundes lediglich 35.000 Verstorbene. Auch die Rolle der Stroke Units schätze die Kommission falsch ein: Aufgrund ihrer eigenen Analyse spricht Eisenmenger von rund 650 vermeidbaren Todesfällen bei ausschließlicher Versorgung in Stroke Units und nicht von knapp 5.000 wie die Kommission.
Bei den zertifizierten Onkologie-Zentren habe die Regierungskommission nicht alle Einrichtungen berücksichtigt, lautet ein weiterer Vorwurf. So seien die Zentren in Nordrhein-Westfalen, die das Siegel durch die Zertifizierungsstelle ÄKzert bekommen haben, ignoriert worden.
Auch den generellen Vorwurf der mangelnden Qualität in deutschen Kliniken lassen die Medizincontroller nicht gelten. Sie verweisen unter anderem auf die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung, länderbezogene Qualitätssicherungsverfahren oder die Strukturprüfungen des Medizinischen Dienstes.
Im Gutachten stellt Raab abschließend die Frage, ob die Analyse der Kommission „möglicherweise darauf ausgerichtet war, ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen und damit die umstrittenen Pläne der Krankenhausreform wissenschaftlich zu stützen“.