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03.10.2018

Rausschmiss und Rücktritte Krach bei Cochrane

Freiburg/Kopenhagen (pag) – Peter Gøtzsche ist nicht mehr Mitglied der Cochrane Organisation. Das hat ihr Governing Board, die Leitungsgruppe, mehrheitlich entschieden. Gøtzsche war Cochrane-Gründungsmitglied und Leiter des Nordic Centre in Kopenhagen. Aus Protest haben vier weitere Mitglieder ihren Rückzug erklärt.

Gerd Antes, Leiter des deutschen Cochrane-Zentrums, bestätigt die Board-Entscheidung. „Der oberflächliche Anlass war die massive Kritik an einem kürzlich fertiggestellten Cochrane Review zur HPV-Impfung zur Prävention des Cervix-Karzinoms im British Medical Journal“, schreibt er in einer Erklärung. Und weiter: „Offensichtlich war das jedoch nur ein kleiner Teil der Vorwürfe, sodass die Diskussion im Governing Board damit endete, dass eine Abstimmung angesetzt wurde zur Frage, ob Gøtzsche aus der Cochrane Organisation ausgeschlossen werden solle.“
Antes sagt, dass Gøtzsches Arbeit von „Direktheit“ und „Kompromisslosigkeit“ geprägt gewesen sei. Damit verkörpere er einerseits Prinzipientreue, Unbeugsamkeit und Integrität im Sinne von Cochrane, andererseits einen Mangel an diplomatischer, verbindlicher Kommunikation und angemessenem kollegialen Umgang. Er meint, dass die Entscheidung der Leitungsgruppe unangemessen erscheine, der Rückzug der anderen vier Mitglieder dagegen folgerichtig, prinzipientreu und zwingend. Antes räumt ein, dass Cochrane eine „Governance-Krise“ habe. Auswirkungen auf die Arbeit in Deutschland sieht er aber nicht.
Die Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte „Mein Essen zahl' ich selbst“ (MEZIS) sieht den Transparenz-Anspruch von Cochrane gefährdet. Denn bisher sei der Entscheidungsprozess nicht öffentlich dokumentiert worden. Auch die Unabhängigkeit der Organisation nehme Schaden, denn die Entscheidung sei zu einem Zeitpunkt zustande gekommen, als Gøtzsche eine Kritik an einer Cochrane-Veröffentlichung publiziert habe. „Wir rufen Cochrane auf, den Ausschluss Peter Gøtzsches bis zur unabhängigen und vollständigen Aufklärung aller Aspekte dieses Prozesses zurückzunehmen, zumindest aber als vorläufig zu deklarieren“, fordert MEZIS.