AnalyseKrankenhaus-Fallzahlen sinken weiter
Berlin (pag) – Die Zahl der Krankenhausbehandlungen sinkt zum dritten Mal in Folge, wie eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WiDO) zeigt. Dies sei ein Zeichen für den Abbau von Überversorgung, meint das Institut. Die Kliniken hingegen sehen eine Gefahr für Unterversorgung.
Die Zahl der somatischen Krankenhaus-Fälle ist der Auswertung zufolge 2022 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 15 Prozent gesunken. In den Jahren 2021 und 2020 hatten die Rückgänge 14 beziehungsweise 13 Prozent betragen. Bei den psychiatrischen Fällen war der Rückgang mit elf Prozent etwas weniger stark ausgeprägt. „Die Fallzahl-Rückgänge im vergangenen Jahr waren nicht mehr dadurch bedingt, dass Kapazitäten für schwer erkrankte Corona-Patienten freigehalten wurden, sondern wesentlich durch die enormen Personalausfälle infolge der durch die Omikron-Variante verursachten Infektionswellen des Jahres 2022“, sagt WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber.
Bei Brustkrebs-Operationen gab es einen Rückgang um fünf Prozent gegenüber 2019, bei Darmkrebs-OPs waren es sogar 16 Prozent. Die stärksten Einbrüche wurden bei den ambulant-sensitiven Diagnosen verzeichnet. Um mehr als ein Drittel sanken die Eingriffe bei Rückenschmerzen und Bluthochdruck, gefolgt von der chronischen Lungenerkrankung COPD (28 Prozent), Diabetes (21 Prozent) und Herzinsuffizienz (14 Prozent). Schon in den ersten beiden Jahren der Pandemie habe es Rückgänge in vergleichbarer Größenordnung gegeben. „Corona wirkt sich hier offensichtlich beschleunigend im Sinne der in Deutschland dringend gebotenen stärkeren Ambulantisierung aus“, so Klauber weiter. „Bei einzelnen Diagnosen dürfte angesichts der großen und anhaltenden Einbrüche auch der Abbau von Überversorgung eine Rolle spielen.“
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, hält es für „hochspekulativ“, dass die AOK angesichts der Fallzahlenrückgänge von überfälliger Ambulantisierung spricht. Es gebe keine Fakten, die belegten, dass diese Patienten zeitnah eine adäquate Behandlungsalternative im ambulanten Sektor gefunden hätten. „Im Gegenteil. Wir befürchten, dass die wegen Pandemie und Personalengpässen ausgebliebenen stationären Behandlungen eine nennenswerte Unterversorgung zur Folge hatten.“