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25.08.2022

Rollout E-Rezept KV Schleswig-Holstein steigt aus

Bad Segeberg (pag) – Noch vor dem Startschuss am 1. September zieht sich die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) aus dem Rollout des E-Rezeptes zurück. Die zweite Region, Westfalen-Lippe, bleibt weiter dabei.

Hintergrund des Ausstiegs ist eine aktuelle Nachricht des Landesdatenschutzes, wonach vom Praxisverwaltungssystem erzeugte datenlose QR-Codes als Gesundheitsdaten einzustufen seien. Mithilfe frei erhältlicher Apps könne jede Person, die im Besitz des QR-Codes ist, die Daten einer Verordnung auslesen. Denn beim Hochladen in solche Apps würden die Daten ermittelt und dem App-Nutzenden angezeigt.

Mit dieser Entscheidung sei die mailbasierte Umsetzung des E-Rezeptes untersagt. „Damit ist der für Patienten praktikabelste Transportweg versperrt“, heißt es in einer Mitteilung der KVSH. Die Standesvertreter fürchten außerdem, dass die ausstellenden Praxen bei Missbrauch der Verordnungen haften müssen.

Die gematik hält dagegen. E-Rezept-App und Ausdruck seien die einzigen Wege, ein E-Rezept einzulösen. „SMS oder E-Mail waren nie als sichere Einlösewege des E-Rezepts Bestandteil der gematik-Spezifikationen, sondern eine individuelle, von nur sehr wenigen Herstellern angebotene Entwicklung der Software-Industrie.“ Die Region Westfalen-Lippe wird wie geplant den Rollout des E-Rezepts umsetzen. „Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens besser ist, auf dem Fahrersitz zu sitzen und den Kurs mitzubestimmen – damit wir möglichst unfallfrei durch diese Entwicklung kommen“, sagt Thomas Müller, Vorstand der dortigen KV. Zum Start der Rollout-Phase sind in Westfalen-Lippe rund 250 Praxen dabei.

Zwar hat die KVSH den Datenschutz selbst eingeschaltet, dessen Argumentation kann sie inhaltlich jedoch nicht nachvollziehen. „Das Gesetz ist offenbar so zu lesen, dass kein Versicherter a. einer digitalen Übertragung eines datenlosen QR-Codes an sich selbst, b. an einen bevollmächtigten Dritten oder c. an die Apotheke seiner Wahl zustimmen kann“, heißt es in der KVSH-Mitteilung weiter. Solche Problemstellungen hätten schon in der Testphase erkannt werden müssen.

Es mangelt aus Sicht der KVSH nicht nur am Datenschutz. Die gematik-App könne momentan kaum genutzt werden, weil es aufgrund fehlender Chips an NFC-fähigen Gesundheitskarten mangele, nur wenige Patienten die geforderten Smartphone-Typen hätten und die Einrichtung durch Verbot des Video-Ident-Verfahrens erschwert werde. Das Einstellen in eine elektronische Patientenakte scheitere an deren minimalem Vorhandensein und die Code-Übertragung per Kommunikationsdienst KIM an Apotheken an der Tatsache, dass in Schleswig- Holstein nur eine Handvoll Apotheken bisher mit KIM-Modulen und -Adressen ausgestattet seien.

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