BundestagLauterbach rechtfertigt Herz-Gesetz
Berlin (pag) – Kurz bevor die Ampel am Abend des 6. Novembers zerbricht, wird im Bundestag noch das Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) in erster Lesung beraten. Damit will die Bundesregierung kardiovaskulären Erkrankungen den Kampf ansagen. Geplant sind unter anderem eine breitere Gabe von Statinen, Screenings auf familiäre Hypercholesterinämie bei Kindern sowie eine Ausdehnung der Check-up-Untersuchungen.
Diese Punkte stoßen nicht nur bei der Opposition, sondern auch im Gesundheitswesen auf Unverständnis: Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) verlasse den Boden der Wissenschaft, lautet die Kritik. Der sieht das anders. „Wir befinden uns hier fest auf dem Boden der sogenannten evidenzbasierten Medizin“. Er bezieht sich unter anderem auf ein Vorsorgeprogramm in der Früherkennung aus Großbritannien, durch das die Sterblichkeit an den Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich gesenkt worden sei. Auch die Statingabe bei Kindern, die er mit dem Gesetz forciert, rechtfertigt der Minister. Bewegung und gesunde Ernährung reichten nicht aus. „Kinder, die eine familiäre Hypercholesterinämie, brauchen auch schon in jungen Jahren Statine“, bekräftigt SPD-Abgeordnete Nezahat Baradari in unserer Rubrik #90SekGesundheitspolitik.
Das GHG-Maßnahmenpaket findet die Union grundfalsch. „Es entsteht der fatale Eindruck, dass eine gesunde Lebensweise durch Medikamente ersetzt werden soll“, wettert Dietrich Monstadt (CDU). Seine Fraktion vermisst den Fokus auf Primärprävention. Das Gesetz bedeute das Aus vieler Programme und Kurse der Krankenkassen. Selbst die Grünen haben Bauchschmerzen. „Gerade für die Herzgesundheit ist die Primärprävention, also die Vorsorge, unerlässlich“, unterstreicht ihr Abgeordneter Johannes Wagner.“ Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) will sich im parlamentarischen Verfahren für die Berücksichtigung der Zahnmedizin einsetzen. Denn Parodontitis erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem müssten im GHG geschlechtsspezifische Unterschiede adressiert werden. „Frauen kurz vor der Menopause entwickeln durch den sinkenden Östrogenspiegel ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“
Ob es dieses parlamentarische Verfahren überhaupt noch geben wird, steht nach dem Ampel-Aus allerdings in den Sternen.