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07.05.2018

Report MDS: Kritische Bewertung der Top-Ten von IGeL-Leistungen

Berlin (pag) – In einer repräsentativen Umfrage hat der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbands (MDS) erstmals die Top 10 der meistverkauften IGeL-Leistungen zur Früherkennung und Prävention ermittelt. Augeninnendruckmessung und Ultraschall der Eierstöcke sind danach die häufigsten angebotenen Selbstzahlerleistungen. Von ihnen rät der MDS in seinem IGeL-Report 2018 ab, weil sie mehr schadeten als nutzten.

Im Auftrag des MDS führte das Marktforschungsinstitut Aserto eine repräsentative Versichertenumfrage zu IGeL durch. Befragt wurden 2072 gesetzlich Versicherte im Alter von 20 bis 69 Jahren über ein Online-Panel. Fazit: Die am häufigsten in Praxen angenommene Leistung ist die Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung – mit ihr kam jeder fünfte Versicherte (22 Prozent) in Kontakt. Die zweithäufigste und bei Frauen (30 Prozent) am meisten angebotene Leistung ist der Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung. Weitere Topseller sind der Ultraschall des Bauchraums und der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs bei Männern.
Der MDS stuft die Hälfte aller Top 10-Leistungen als „negativ“ oder „tendenziell negativ“ ein. Er zitiert etwa den Berufsverband der Augenärzte, der die Augeninnendruckmessung als „Kunstfehler“ bezeichnet. Beim Ultraschall der Eierstöcke handele es sich sogar um eine Leistung, von der die Fachgesellschaft der Frauenärzte abrate, da kein Nutzen gezeigt werden konnte und es durch Überdiagnosen zu massiven Schäden kommen könne. Auch von der MRT-Untersuchung zur Brustkrebsfrüherkennung wird abgeraten. „Die IGeL-Angebote orientieren sich nicht am nachgewiesenen medizinischen Nutzen, sondern an den Vorlieben einzelner Arztgruppen und an den Umsatzinteressen der Praxen“, sagt MDS-Geschäftsführer Dr. Peter Pick. Viele Patienten würden unter Druck gesetzt, solche Leistungen anzunehmen. Die meisten der Topseller widersprächen zudem Empfehlungen medizinischer Fachverbände, weil ihr Schaden den Nutzen überwiege. Die erheblichen Folgekosten müssten die Kassen und damit die Allgemeinheit tragen. „Die Fachverbände sind in der Pflicht, die Ärzte zu informieren“, sagt Dr. Michaela Eikermann, Leiterin Evidenzbasierte Medizin des MDS.
Die Mehrheit der Befragten sehen Selbstzahlerleistungen laut Umfrage kritisch. Rund eine Milliarde Euro verdienen Praxen daran pro Jahr, schätzt der MDS.

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