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07.07.2018

Ethikrat Neue Technologien: Menschenwürde als „Leitorientierung“

Berlin (pag) – Neue Technologien bedeuten für die Medizin große Chancen. Und große Herausforderungen. Darüber haben kürzlich auf der Jahrestagung des Deutschen Ethikrates international tätige und renommierte Wissenschaftler referiert und diskutiert. Der Titel der Veranstaltung lautet: „Des Menschen Würde in unserer Hand – Herausforderungen durch neue Technologien“.

Welche medizinischen Behandlungen, die die neuen Technologien ermöglichen, verletzten ethische Grundsätze? Das ist die Kernfrage auf der Tagung. Für den israelischen Historiker und Eröffnungsredner Yucal Noah Harari können Biotechnologie und Informationstechnologie, deren Zusammenspiel er als „doppelte Revolution“ bezeichnet, die menschliche Ethik in ihren Grundfesten erschüttern.

Hirnforschung, Genforschung, Künstliche Intelligenz

Beispiel Hirnforschung: Sollte man Eltern Medikamente verabreichen, damit sie mehr Zuneigung für ihre Kinder empfinden? Sollte man in das Gehirn eines Psychopathen eingreifen, um einen Mord zu verhindern? Diese Fragen, die noch nach Science-Fiction klingen, wirft Reinhard Merkel, Rechtswissenschaftler und Mitglied des Deutschen Ethikrats, auf. Entscheiden sich die Menschen freiwillig dafür, sieht Merkel keine Probleme. Aber unter Zwang? Verstößt das nicht gegen die Menschenwürde?
Beispiel Genforschung: Ethikrat-Mitglied Stephan Kruip beschäftigt sich mit Mukoviszidose, mit der er selbst lebt. Keimbahneingriffe an den Samenzellen des Mannes könnten die Stoffwechselkrankheit verhindern. Für diese Methode spreche vieles. Aber, hebt Kruip hervor, die Behandlungsmethode könne in den Lebensschutz von Embryonen eingreifen.
Beispiel Künstliche Intelligenz: Der Einsatz von Robotern kann pflegebedürftigen Senioren und autistischen Kindern helfen, berichtet Thomas G. Dietterich, Informatiker und emeritierter Professor an der US-amerikanischen Oregon State University. Das Manko: Sie können selbstverständlich keine menschlichen, subjektiven Erfahrungen weitergeben. Ihr Einfühlungsvermögen sei „Täuschung“.
Apropos Künstliche Intelligenz: Kann sie den Menschen nicht überflüssig machen? Auf diese Gefahr weist nicht nur Yucal Noah Harari hin, sondern auch Bundestagspräsident und Gastredner Wolfgang Schäuble. Nach Meinung von Professor Peter Dabrok, Vorsitzender des Ethikrates, sollte die Menschenwürde als „Leitorientierung“ beim Einsatz neuer Technologien gelten. Diese müssten der Gesellschaft dienen, nicht andersherum.