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27.08.2018

Ärzte Nichtinvasive pränatale Tests nur zurückhaltend anwenden

Berlin (pag) – Seit 2012 sind nichtinvasive pränatale Tests (NIPT) als individuelle Gesundheitsleistung zugelassen. Beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) steht jetzt die Frage an, ob diese künftig von Krankenkassen bezahlt werden. Der Berufsverband der niedergelassenen Pränatalmediziner (BVNP) warnt vor einer unreflektierten und flächendeckenden Anwendung der Tests.

Die Tests sollten in Verbindung mit einer weiterführenden, etablierten pränataldiagnostischen Versorgung von qualifizierten Anwendern durchgeführt werden. Zudem müsse eine zeitnahe psychosoziale Beratung der Schwangeren gewährleistet sein, heißt es beim BVNP. „Die Tests können zwar eine Trisomie 21 mit einer hohen Erkennungsrate prognostizieren, aber nicht sicher diagnostizieren“, sagt Verbandspräsident Prof. Alexander Scharf. „Sie dürfen daher nicht losgelöst von etablierten Verfahren der pränatalen Diagnostik durchgeführt werden.“ Zudem könnten die Tests seltenere genetische Störungen wie auch die häufigeren körperlichen Fehlbildungen von Feten nicht erfassen.

Der Verband kritisiert, dass der Abschlussbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, der im Auftrag des G-BA erstellt wurde, keine Hinweise enthalte, wie die Tests in das bisherige System der Schwangerenvorsorge eingebunden werden sollen. „Ein Indikationskriterium, welches die Anwendung der NIPT sinnvoll erscheinen lässt, ist die Nackenfaltenmessung, die sogenannte Ersttrimesterdiagnostik“, sagt BVNP-Vorstand Dr. Robin Schwerdtfeger. Bei der entwicklungsbedingten Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Ungeborenen stehe die Größe der Ansammlung in einem gewissen Verhältnis zum Risiko von Chromosomenstörungen, welches durch die NIPT gezielter abgeschätzt werden könnte. Aber: Die Nackenfaltenmessung gehöre derzeit nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen, betont Schwerdtfeger, und könne somit kein Kriterium für den Einsatz eines NIPT als Kassenleistung liefern. Den Test alternativ flächendeckend für alle Schwangeren quasi als Reihenuntersuchung anzubieten, lehnt der BVNP ab. Seine Anwendung werfe ethische und moralische Fragen auf, die einen gesellschaftlichen Diskurs erfordern.

Politiker von CDU/CSU, SPD, FDP, Linken und Grünen haben kürzlich in einem überfraktionellen Positionspapier eine Plenumsdebatte zu dem Thema gefordert.