SchmerzmedizinPatienten warten zu lange auf Cannabis-Therapie
Berlin (pag) – Die Verordnung entschlacken und die Patienten schneller mit medizinischem Cannabis versorgen: Das hat sich die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) zum Ziel gesetzt. Dreh- und Angelpunkt ist ein neuer Selektivvertrag.
Die bürokratischen Hürden für die Verordnung von medizinischen Cannabinoiden seien zu hoch, beklagt die DGS auf einer Pressekonferenz. Es dauere mindestens fünf Wochen, bis die Krankenkassen über einen Antrag entscheiden. Kommt es zu Widerspruchsverfahren, kann sich die Wartezeit auf Monate verlängern. „Das ist eindeutig zu lang“, kritisiert DGS-Vizepräsident Dr. Norbert Schürmann. Die Dauer der Antragsverfahren sei abhängig von Krankenkasse, dem Medizinischen Dienst und dem Sachbearbeiter. DGS-Präsident Dr. Johannes Horlemann hält das Vorgehen der Kassen für „inhuman“.
Mit der AOK Rheinland/Hamburg hat die DGS Anfang Juli einen Selektivvertrag abgeschlossen. Dieser sieht laut Horlemann eine „zeitnahe Versorgung unter Aufhebung des Genehmigungsvorbehaltes der Krankenkassen“ vor. Die Therapieentscheidung liege ausschließlich beim behandelnden Arzt in Absprache mit seinen Patienten. Dadurch sollen die administrativen Hürden verringert und die Wartezeit verkürzt werden. Ärzte, die an dem Selektivvertrag teilnehmen möchten, müssen ein 20-stündiges Curriculum zu Cannabinoiden absolvieren und eine Lernkontrolle, „die es in sich hat“. Um Patienten den Zugang zu den Therapien zu erleichtern, müssten Kenntnisdefizite und Vorbehalte bei den Ärzten aller Fachbereiche abgebaut werden. Hierzu aktualisiert die DGS derzeit die Praxis-Leitlinie Cannabis, außerdem gibt es einen Praxis-Leitfaden, der die wichtigsten Punkte der Leitlinie zusammenfasst.
Bezüglich der geplanten Legalisierung von Cannabis für den privaten Bereich äußern sich die Schmerzmediziner zurückhaltend. Die Behandlung kranker Patienten mit medizinischem Cannabinoiden und der private Konsum von Cannabisblüten sind laut Schürmann „zwei völlig verschiedene Paar Schuhe“. Horlemann befürchtet, dass Patienten sich dann selbst therapieren könnten – statt unter ärztlicher Aufsicht.