WIdO-ReportPflege ist auffallend heterogen
Berlin (pag) – Die Zahl von Pflegebedürftigen ist von 2017 bis 2023 um 57 Prozent angestiegen. Das geht aus dem Pflege-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hervor. Weiteres Ergebnis: Pflege ist auffallend heterogen in Deutschland. In den Augen der Chefin des AOK-Bundesverbandes Dr. Carola Reimann sind Babyboomer Herausforderung und Chance zugleich.
Die Pflegebedürftigkeit steigt in Deutschland – dabei gibt es regional große Unterschiede, analysiert Susann Behrendt, Forschungsbereichsleiterin Pflege im WIdO. In den Brandenburger Kreisen Barnim, Prignitz und Ostprignitz-Ruppin sei der Anteil an Pflegebedürftigen besonders hoch – etwa jede sechste Person in 2023 (15,7 bis 17,1 Prozent). „München, Freising und Rosenheim führen hier das untere Skalenende an: Hier ist jede 27. bis 29. Person von Pflegebedürftigkeit betroffen (3,4 bis 3,7 Prozent)“, konstatiert Behrendt.
Der Report verdeutlicht darüber hinaus: Die wachsende Zahl Pflegebedürftiger wurzelt nicht allein im demografischen Wandel. In 396 von 400 Landkreisen gebe es mehr Pflegebedürftige, als demografisch erwartbar gewesen wäre, so Behrendt. Rein demografisch betrachtet sei ein Anstieg um 21 Prozent zu erwarten gewesen, nicht die beobachteten 57 Prozent. „Maßgeblich sind natürlich ebenso die veränderten Anspruchsvoraussetzungen durch den neu gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriff“, weiß Behrendt. Dieser wurde 2017 eingeführt.
Zum Umgang mit der steigenden Pflegebedürftigkeit bedarf es innovativer Lösungen. Für Reimann sind Caring Communities Hoffnungsträger. Sie erklärt: „Damit ist die Schaffung von Sorgestrukturen vor Ort gemeint, bei einer deutlichen Stärkung der Rolle der Kommune sowie des bürgerschaftlichen Engagements, des Ehrenamtes.“ Eine repräsentative forsa-Umfrage zeige: 64 Prozent der Babyboomer können sich vorstellen, ehrenamtliche Tätigkeiten zur Unterstützung von Pflegebedürftigen im Alltag in organisierten Netzwerken zu übernehmen. „Und nein: Es geht uns nicht darum, die Lücken in der professionellen Pflege durch kostenloses Ehrenamt zu schließen, oder darum, dass Babyboomer im Ruhestand Care-Arbeit leisten“, nimmt Reimann vorweg.