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10.05.2022

KKH Pflegedienste betrügen am häufigsten

Hannover (pag) – Ein neuer Negativ-Rekord: 4,7 Millionen Euro Schaden ist der Kaufmännischen Krankenkasse Hannover (KKH) nach eigenen Angaben 2021 durch Betrug entstanden. Allein 3,4 Millionen Euro gingen dabei buchstäblich auf das Konto schwarzer Schafe in der ambulanten Pflege. Ärztliche Leistungen rangierten mit 375.000 Euro auf Rang 2.

352 Hinweise seien bei der KKH eingegangen, berichtet deren Chefermittlerin Dina Michels vor der Presse. Auf die häusliche Krankenpflege entfielen 117 Fälle, gefolgt von Heilmittelerbringern (49), Pflegeheimen (45) und Ärzten (22). Michels schildert einen Fall aus Baden-Württemberg: In einem Krankenhaus seien die Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung von Komplexbehandlungen nicht erfüllt gewesen. Außerdem soll Upcoding betrieben worden sein. „Der Schaden ist noch nicht endgültig berechnet, dürfte aber im fünfstelligen Bereich liegen“, so Michels. Strafanzeige sei erstattet worden.

In Schleswig-Holstein habe eine Allgemeinmedizinerin laut der Kassenermittlerin Leistungen über ihre Arztnummer abgerechnet, die allerdings von einem Weiterbildungsassistenten erbracht worden seien. „Hierdurch hat sie gegen das für Ärzte geltende Gebot der höchstpersönlichen Leistungserbringung verstoßen“, sagt Michels. Die Kassenärztliche Vereinigung habe Anzeige erstattet.
In Sachsen soll ein Apotheker Krebsmedikamente gepanscht haben. „Erste Ergebnisse aus Proben haben bewiesen: Eine Infusion enthielt gar kein Zytostatikum, eine etwas mehr, viele nur 70 bis 80 Prozent der verordneten und notwendigen Menge“, sagt Michels. Ein Skandal wie in Bottrop? Noch werde ermittelt.

Nur in den wenigsten Fällen müsse die Kasse den Klageweg beschreiten, so Michels. Falls doch, kommen Oberstaatsanwalt André Schmidt von der Staatsanwaltschaft Braunschweig und seine Kollegen ins Spiel. Neben Klassikern wie Abrechnungsbetrug beobachtet er Phänomene wie Beeinflussung des Zuweisungs- und Verordnungsverhaltens von Ärzten durch Apotheker oder Heil- und Hilfsmittelerbringer. Generell bemängelt er: „Eine wirksame Kontrolle der Akteure wird durch fehlende Transparenz erschwert.“

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