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04.06.2020

Stellungnahme Präzisionsmedizin medizinisch und ökonomisch bewertet

Berlin (pag) – Mit Chancen und Risiken der Präzisionsmedizin setzt sich eine neue Stellungnahme der Bundesärztekammer (BÄK) auseinander. Für deren Präsident Dr. Klaus Reinhardt leistet sie einen Beitrag zur Debatte, wie der medizinisch-wissenschaftliche Fortschritt die Qualität der Versorgung weiterentwickeln kann – ohne das Gesundheitssystem finanziell zu überfordern.


Diese Debatte solle nicht allein in Fachkreisen geführt werden, sagt Reinhardt. Die vom wissenschaftlichen Beirat der BÄK erarbeitete Stellungahme zeigt, wie sich die Behandlungsmöglichkeiten in Onkologie und Infektiologie durch die Präzisionsmedizin erheblich erweitert haben. Neue Datenverarbeitungsmöglichkeiten – Big Data, KI, Deep Learning– tragen wesentlich zur Entwicklung der Präzisionsmedizin bei. Allerdings bedürften sie einer „kritischen Evaluation bezüglich ihrer Relevanz für die klinische Anwendung“. Stichwort Evidenzanforderung: Die Autoren verweisen auf methodische Spezifika, die bei der Nutzenbewertung zu beachten seien. Stichwörter sind: Umbrella- und Basketstudien sowie Anreicherungsdesign (Enrichment). Die Bewertung des Zusatznutzens müsse daher auf verbesserten Methoden beruhen, um auch diese Studien angemessen zu bewerten. „Gleichwohl bleiben prospektiv randomisiert kontrollierte Studien der anzustrebende Standard.“
Hinsichtlich der ökomischen Auswirkungen stellt die Publikation Arzneimittelkosten der präzisionsmedizinischen und der konventionellen Behandlung ausgewählter Erkrankungen dar. Den hohen Kosten würden mögliche Einsparungen durch sinkende Arzneimittelkosten nach Patentauslauf, ein verbessertes Kosten-Nutzenverhältnis für effektivere Therapien sowie Modelle für am Anwendungsnutzen orientierte Arzneimittelpreise gegenüberstehen. Nutzen und Preise seien, so eine Forderung, in Einklang zu bringen, etwa durch ein „kluges regulatorisches Setting“. Die Experten erwarten, dass die Präzisionsmedizin zumindest mittelfristig keine für das Gesundheitssystem nicht bewältigbaren Kosten erzeugt. Allerdings sei bei einem zunehmenden Einsatz die Frage der Verteilung von Ressourcen im Gesundheitswesen zu berücksichtigen.

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