SpiFa-FachärztetagPrimärarztsystem: Der Teufel steckt im Detail
Berlin (pag) – Das elfseitige Ergebnispapier der Koalitions-Arbeitsgruppe (AG) Gesundheit und Pflege ist beim Fachärztetag des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa) das Thema Nummer eins. Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Heinrich zieht ein erstes, positives Fazit. Allerdings sieht er noch erheblichen Beratungsbedarf, etwa bei den Plänen für ein verbindliches Primärarztsystem.
Dies sei für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine riesengroße Veränderung. Im Papier ist von einer Integration sowohl in den Kollektivvertrag als auch in die Hausartzentrierte Versorgung die Rede. Dies sei eine schwierige Kombination, findet Heinrich. Er befürchtet einen neuen Flaschenhals und rechnet vor: Es gebe 110 Millionen Facharztfälle ohne Überweisung. „Wenn Sie diese durch die Zahl der Hausärzte teilen, dann muss in Zukunft jeder Hausarzt 2.000 Fälle mehr im Jahr behandeln.“ Das bedeute den Zusammenbruch des Systems, denn keine Hausarztpraxis könne pro Quartal 500 zusätzliche Fälle abarbeiten.
Heinrich räumt aber auch ein, dass in dem Papier eine Lösung angedeutet werde: „Für Patientinnen und Patienten mit einer spezifischen schweren chronischen Erkrankung werden wir geeignete Lösungen erarbeiten (z.B. Jahresüberweisungen oder Fachinternist als steuernder Primärarzt 18 im Einzelfall)“, heißt es dort. Für den SpiFa-Chef ein möglicher Ausweg aus der Flaschenhalssituation.
In seinem Vortrag stellt er außerdem klar, dass es in einem Primärarztsystem, bei dem ein Arzt die Notwendigkeit fachärztlicher Untersuchungen, Diagnostik und gegebenenfalls auch Therapie feststellt, keine Budgetierung geben könne. Die AG Gesundheit und Pflege sieht bislang nur eine Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen in unterversorgten Regionen vor. Trotz aller Kritik im Detail fällt Heinrichs Gesamtfazit eher positiv aus: Das Papier sei „durchaus positiv und ausbaufähig“.
Kritischer klingt Karin Maag, unparteiisches Mitglied des Gemeinsamen Bundesausschusses, bei der Veranstaltung. Hinter die dauerhafte Gesundung der GKV-Finanzen setzt sie etwa ein dickes Fragezeichen. Ihr Appell: „Ein Sondervermögen ist kein Freibrief dafür, erkennbar ineffiziente Strukturen weiterzuführen.“