Direkt zu:

26.04.2018

BAH Reform von Festbeträgen ist überfällig

Berlin (pag) – Zwar hat die Industrie nach Aussage von Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), ihren Frieden mit den Festbeträgen gemacht. Doch scheint dieser brüchig zu werden, denn aus Sicht des Verbandes ist dieses vor Jahrzehnten eingeführte Instrument mittlerweile dringend reformbedürftig. 

Eine vom Verband beauftragte Studie der Unternehmensberatung Ecker + Ecker weist auf Versorgungseinschränkungen bei besonderen Patientengruppen hin. Diese liegen darin begründet, dass sich die Erstattungshöchstgrenzen nach den günstigsten Arzneimitteln der Gruppe richten. Diese gilt auch für Spezialpräparate mit aufwändig hergestellten Darreichungsformen – wie etwa Tropfen statt Tabletten für Patienten mit Schluckbeschwerden. Senkt der Hersteller den Preis seines Mittels nicht auf das Festbetragsniveau ab, muss der Patient eine Aufzahlung leisten, eine Härtefallregelung gibt es nicht. Studienautor Dr. Christof Ecker weist auf Fälle hin, bei denen der Hersteller das Produkt vom Markt genommen habe, weil er nicht mehr kostendeckend produzieren konnte. „Besonderheiten von vulnerablen Patientengruppen wie Kindern und älteren Menschen müssen stärker berücksichtigt werden“, sagt Kortland.

Der BAH kritisiert eine immer gröbere Gruppenbildung bei den Festbeträgen. Sinnvoll sei eine Differenzierung immer dann, wenn Unterschiede zwischen den Arzneimitteln für die Therapie oder die Lebensqualität der Patienten relevant seien, argumentiert Kortland. Der Studie zufolge fand bei den Festbetragsgruppenbildungen vor 2007 in 58 Prozent der Fälle eine Differenzierung statt, dieser Anteil ist nach 2007 auf 15 Prozent gesunken.
Der Verband wendet sich auch gegen einen durch die regelmäßigen Anpassungen des GKV-Spitzenverbandes verursachten Kellertreppen-Effekt. „Irgendwo muss eine Grenze sein“, verlangt der BAH-Geschäftsführer und sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, diese zu definieren. Eine Folge der Absenkungen ist, dass die Anzahl zuzahlungsbefreiter Arzneimittelpackungen kontinuierlich gesunken ist – „laut unserer Studie innerhalb von zehn Jahren von etwa 11.500 auf etwa 3.300“, sagt Ecker. Das entspreche einer Abnahme von über 70 Prozent. Kortland zufolge erachtet der GKV-Spitzenverband fünf Prozent zuzahlungsbefreiter Arzneimittel als hinreichend für eine Versorgung mit Medikamenten ohne Zuzahlung. Laut BAH sollte deren Anteil bei bis zu 35 Prozent liegen. Auch bei dieser Frage müsse der Gesetzgeber eine Erheblichkeitsgrenze definieren.

Verwandte Artikel