Pharma 2025Reformbedarfe des AMNOG
Berlin (pag) – Über mehr Versorgungsperspektive im AMNOG diskutieren Expertinnen und Experten auf der Tagung Pharma 2025 des Handelsblattes. Für Han Steutel, Präsident des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (vfa), handelt es sich dabei um eine wichtige Ergänzung, um das Verfahren auf künftige Herausforderungen vorzubereiten. Sabine Jablonka, Leiterin der Abteilung Arznei-, Heil- und Hilfsmittel beim AOK-Bundesverband, zeigt sich dagegen skeptisch.
Der Kassenvertreterin zufolge sei die Versorgungsperspektive bereits intensiv im AMNOG abgebildet. Sie stellt klar: „Versorgungsbedarf statt Evidenz – das wird nicht funktionieren.“ Dagegen hat Dr. Juliane Cornelsen, Leiterin der Abteilung Arzneimittel bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), den Eindruck, dass die therapeutische Relevanz dem Verfahren über die Jahre ein wenig abhandengekommen sei. Sie wünscht sich schnellere Anpassungen, etwa bei Endpunkten. Konkret nennt sie klinisch relevante Laborparameter und Bildgebungsverfahren, die aus ärztlicher Sicht ins Verfahren einfließen sollten. „Da ist die Methodik aber an vielen Stellen sehr langsam.“
Ein weiteres Beispiel nennt Prof. Bernhard Wörmann von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). Angesichts vieler maligner Erkrankungen, die mittlerweile chronifiziert seien, fordert er: „Wir müssen von Overall-Survival in der Onkologie wegkommen.“ Der medizinische Leiter der Fachgesellschaft hebt insbesondere die Bedeutung des Endpunktes Lebensqualität hervor.
KBV-Vertreterin Cornelsen nennt bei der Diskussion weitere AMNOG-Kritikpunkte aus Sicht der Vertragsärzteschaft. Die Anwendungsbegleitende Datenerhebung etwa sei sehr arbeits- und kostenintensiv. Aufgrund des langen Verlaufs werde sie oft von neueren Entwicklungen überholt. Stichwort Orphan Drugs: Den im Verfahren vorgesehen fiktiven Zusatznutzen hält Cornelsen mittlerweile für nicht mehr zeitgemäß – auch wenn sie weiterhin Privilegien für diese Medikamentengruppe befürwortet.
DGHO-Experte Wörmann stellt klar: „Wir sehen nicht eine Orphanisierung im Rahmen des AMNOG-Prozesses, sondern wir sehen eine sogenannte Orphanisierung bei Erkrankungen in den letzten Jahren.“ Dies sei durch die zunehmende molekulare und biologische Differenzierung von Erkrankungen bedingt. Er regt an, die Bewertungskriterien für Orphan Diseases zu modifizieren. Die Methoden dafür existierten, allerdings müsse dazu ein Konsens – und zwar auf europäischer Ebene – gefunden werden. Wörmann wiederholt außerdem seine Forderung nach einer zusätzlichen späten Nutzenbewertung.
Ein weiteres Thema der Runde sind Pay-for-Performance-Modelle. AOK-Arzneimittelexpertin Jablonka zeigt sich davon wenig begeistert. Solche Ansätze seien sehr transaktionsaufwändig und führten zu intransparenten Preisen. An die Industrie gerichtet sagt sie: „Sie wissen, was Sie für ihr Produkt haben möchten – und ob wir das einfach machen als einmalige Zahlung oder über den langen Weg nach oben etwa über Raten, ist im Grunde gleich.“ Anwendungsoptionen sieht sie nur im selektivvertraglichen Bereich. vfa-Chef Steutel kündigt dagegen an, diese Aufgabe lösen zu wollen, auch wenn er einräumt, dass auch nicht alle Firmen von dem Ansatz begeistert seien. Sein Argument für das Modell: „Pay for Performance bedeutet Wirtschaftlichkeit intrinsisch.“