DEGAM-KongressScherer pocht auf „prozedurale Exzellenz“
Hannover (pag) – Ein Schwerpunkt des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) ist die primärärztliche Versorgung. Von ihr verspricht sich Prof. Martin Scherer, scheidender Präsident der Fachgesellschaft, mehr Ordnung und mehr Effizienz im System. An einen großen Spareffekt glaubt er allerdings nicht.
„Wir haben Versorgungschaos!“ Scherers Zustandsbeschreibung auf der begleitenden Pressekonferenz zum DEGAM-Kongress (1. bis 3. Oktober) klingt ernüchternd. Dabei hat er keine Zweifel an medizinischer Expertise in Deutschland. Er erkennt Exzellenz an den Unikliniken und in den Arztpraxen. Aber: „Wir haben leider keine prozedurale Exzellenz.“ Patienten fielen durchs Raster, bekämen spät oder gar keine Facharzttermine. Die Behandler wiederum müssten sich mit nicht-ärztlichen und zeitfressenden Tätigkeiten herumschlagen.
Kongresspräsident Prof. Nils Schneider kann ihm nur beipflichten. „Wir verteilen einfach die Arbeit nicht adäquat“, stellt der Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover fest. Beide sprechen sich für ein Primärversorgungssystem aus. Dieses dürfe keine Einbahnstraße sein. Patienten müssten sich einschreiben und auch Ärzte müssten sich auf diese Partnerschaft einlassen, so Scherer. Schneider und er meinen, dass grundsätzlich der Hausarzt der Primärarzt sein sollte. Es könne aber auch Ausnahmen geben. Bei onkologischen Krankheitsepisoden etwa könne auch der Krebsspezialist (vorübergehend) der lotsende Arzt sein.
Schneider sieht in den Primärversorgungszentren einen Spielort dieser Patientensteuerung. Dort könnten Hausärzte mit Fachärzten und anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten und Teamstrukturen aufbauen.
Ein Heil sehen Schneider und Scherer außerdem in Digitalisierung und Delegation. Schneider: „Das Gesundheitssystem ist zu sehr auf Ärzte zugeschnitten.“ Dabei könne man Tätigkeiten auf Physician Assistants oder speziell ausgebildete Medizinische Fachangestellte oder Pflegekräfte übertragen.