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22.02.2019

Urteil Schutz der Solidargemeinschaft vor unsolidarischem Verhalten Einzelner

Bremen (pag) – Eine 46-jährige Frau muss einen Teil der Kosten für den Austausch ihrer kaputten Brustimplantate tragen. Das entscheidet das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen.

Geklagt hatte die Frau aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont, die eine schönheits-chirurgische Brustvergrößerung als Privatbehandlung durchführen ließ. Sechs Jahre nach dem Eingriff kam es zu Rissen an einem Silikonimplantat und zu einer Brustentzündung. Die Frau ließ die Implantate durch neue ersetzen, die sie privat bezahlte. 6.400 Euro für die Entnahme der alten Implantate trug zunächst die Krankenkasse. Von der Frau forderte sie eine Beteiligung von 1.300 Euro, da das Gesetz eine Kostenbeteiligung von Versicherten bei Folgeerkrankungen nach ästhetischen Operationen zwingend vorsehe.


Die Frau hielt dies für verfassungswidrig. Ihrer Ansicht nach habe die Entwicklung der Schönheitschirurgie dazu geführt, dass Brustimplantate völlig normal und üblich seien. Es sei gesellschaftlich etablierter ästhetischer Standard, sich hübsch, sexy und begehrenswert zu präsentieren. Abweichungen würden als Makel und psychische Beeinträchtigung empfunden.


Das LSG Niedersachsen-Bremen entschied, dass sich Patienten an den Kosten einer Behandlung beteiligen müssen, wenn die Krankheitsursache in willkürlichen Veränderungen des eigenen Körpers liegt. Grundsätzlich zahle die Krankenkasse notwendige Leistungen nach dem Solidarprinzip ohne Rücksicht auf die Krankheitsursachen. Der Gesetzgeber habe jedoch Ausnahmen bei ästhetischen Operationen, Tätowierungen und Piercings geregelt. Dies sei verfassungsrechtlich zulässig, um die Solidargemeinschaft vor unsolidarischem Verhalten Einzelner zu schützen. Ob die Inanspruchnahme der Schönheitschirurgie mittlerweile normal sei, spiele keine Rolle. Entscheidend sei allein, dass diese Behandlungen medizinisch nicht erforderlich seien. Gemessen am Grad des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Frau sei eine Kostenbeteiligung in Höhe der steuerlichen Belastungsfreigrenze angemessen.

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