MDK-Reformgesetz Sozialgerichte kämpfen mit erneuter Klagewelle
Kassel (pag) – Die Sozialgerichte sind mit einer erneuten Klagewelle konfrontiert. Aufgrund einer Regelung im MDK-Reformgesetz entschlossen sich Ende 2019 viele Krankenhäuser zur Klage, berichtet der Präsident des Bundesozialgerichts, Prof. Rainer Schlegel. 20.000 zusätzliche Verfahren seien anhängig, dabei habe man die Klageflut des vorvergangenen Jahres noch nicht abarbeiten können.
Seinerzeit hatten Krankenkassen geklagt, weil der Gesetzgeber mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz zu ihren Lasten Verjährungsfristen bei Rückforderungsansprüchen verkürzte. Im Dezember 2019 zeigten sich dagegen die Kliniken besonders klagefreudig. Ursache dafür ist das am 1. Januar 2020 in Kraft getretene MDK-Reformgesetz. Wie Schlegel beim Jahrespressegespräch des Bundesozialgerichts ausführt, legt dieses fest, dass vor einer Überprüfung von Krankenhausabrechnungen durch die Sozialgerichte ein Vorverfahren durchgeführt werden muss. Dieser obligatorische Falldialog gilt seit dem 1. Januar. Als sich diese Regelung im parlamentarischen Verfahren abzeichnete, haben dem Gerichtspräsidenten zufolge Anwaltskanzleien den Kliniken zur sofortigen Klage geraten. Noch vor Jahresschluss und vor Inkrafttreten des Gesetzes sollten sie sämtliche noch offenen Altfälle gerichtlich geltend machen. Damit sollte das obligatorische Erörterungsverfahren für diese Fälle vermieden werden. Schlegel: „Diesem Rat sind offenbar viele Krankenhäuser gefolgt und haben im Dezember 2019 sämtliche noch offenen Abrechnungsfälle bei den Sozialgerichten anhängig gemacht, anstatt – wie sonst über viele Jahre üblich – nur die kurz vor der Verjährung stehenden Forderungen.“ Das habe bei den Sozialgerichten bundesweit zu mehr als 20.000 zusätzlichen Klageverfahren geführt, in denen zum Teil wiederum eine Vielzahl von Abrechnungsfällen zusammengefasst wurden.
Schlegel zufolge machen Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Kliniken und Kassen mittlerweile einen großen Teil der krankenversicherungsrechtlichten Streitigkeiten. Dadurch würden erhebliche Ressourcen gebunden – zu Lasten der Versicherten, die von ihren Krankenkassen dringend benötigte Leistungen einfordern.