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06.07.2018

Sterbehilfe Spahn: BfArM darf keine tödlichen Medikamente abgeben

Berlin (pag) – Über 100 Anträge haben schwerstkranke Patienten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestellt: Es geht um die Erlaubnis, ein Betäubungsmittel zur Selbsttötung zu erwerben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Behörde jetzt schriftlich auffordern lassen, „solche Anträge zu versagen“.

In den Medien wird ein Schreiben seines Staatssekretärs zitiert, in dem es heißt: „Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Selbsttötungshandlungen durch die behördliche, verwaltungsaktmäßige Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb des konkreten Suizidmittels aktiv zu unterstützen.“ Dem vorausgegangen ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Betäubungsmittelgesetz in extremen Ausnahmesituationen die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zwecke der Selbsttötung nicht ausschließe. Allerdings hat das BfArM bisher keinem Antrag entsprochen.

Die Reaktionen auf die Entscheidung des Ministers fallen unterschiedlich aus. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben kritisiert das Schreiben als rechtswidrig. „Offensichtlich stellt der Minister seine eigenen Wertüberzeugungen über das auch ihn bindende höchstrichterliche Urteil“, heißt es. Dagegen betont der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, dass die Begleitung sterbenskranker Menschen eine urärztliche Aufgabe sei. „Es kann und darf nicht sein, dass staatliche Behörden schwerstkranken und unheilbaren Patienten einen Schierlingsbecher verschreiben oder das Rezept zur Selbsttötung ausstellen.“ Sterben sei kein Verwaltungsakt.

Unterdessen berichtet der Tagesspiegel, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) über die Hintergründe von Spahns fortgesetzter Weigerung, das umstrittene Sterbehilfe-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu befolgen, aufklären müsse. Verwiesen wird auf das Verwaltungsgericht Köln, das das BMG auf Tagesspiegel-Antrag verpflichtet habe, Leitungsvermerke und behördeninternen E-Mail-Verkehr nach Erlass des höchstrichterlichen Urteils offenzulegen (Az.: 6 L 261/18). „Damit könnte nachvollzogen werden, wie es zu der Haltung an der Spitze des Ministeriums kam und ob ihr neben rechtlichen vorrangig politische Motive zugrunde liegen“, schreibt der Tagesspiegel Anfang Juli. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Minister Spahn kann Beschwerde einlegen.