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28.03.2022

Wirbelsäulenoperation Versorgung nach Angebot und nicht nach Bedarf

Berlin (pag) – Bei der schmerzbedingten Wirbelsäulenoperation erfolgt die Versorgung nicht nach Bedarf, sondern nach dem Angebot, kritisiert PD Michael Überall auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag. Er plädiert für ein „pay for results“-Konzept.

Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin und Präsident der Deutschen Schmerzliga hebt die Bedeutung einer qualifizierten zweiten Meinung vor der Entscheidung für oder gegen eine schmerzbedingte Wirbelsäulenoperation hervor. Systematische Untersuchungen belegten nicht nur eine auffällige Diskrepanz zwischen der schmerzmedizinischen Notwendigkeit und den faktisch realisierten Operationen, sondern auch bezüglich der Bewertung deren grundsätzlicher Sinnhaftigkeit. „Allem Anschein nach folgt die Versorgung in Deutschland nicht dem Bedarf, sondern dem Angebot, wobei offensichtlich finanzielle Anreize für Behandler und Einrichtung den Blick für die schmerzmedizinische Rationale verstellen.“ Überall ist überzeugt: Eine multimodale Therapie sei in vielen Fällen die bessere und vor allem nachhaltigere Option.

Nach Meinung des Schmerzmediziners sollte die Entscheidung für oder gegen eine operative Intervention im Rahmen einer interdisziplinären Schmerzkonferenz mit unabhängigen konservativen Experten getroffen werden und nicht – wie derzeit durch den Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt – monodisziplinär. „Es gilt im Rahmen des Zweitmeinungsverfahrens nicht die grundsätzliche Operabilität im Rahmen technischer Möglichkeiten zu klären, sondern deren mögliche Konsequenzen im Rahmen einer individualisierten Nutzen-Risiko-Abwägung“. Um dem großen Problem unnötiger Wirbelsäulenoperationen gerecht zu werden, schlägt Überall einen Wechsel der aktuellen „pay for procedure“-Strategie hin zu einem „pay for results“-Konzept vor, um Leistungserbringer stärker für ihre Verantwortung für eine bedürfnisorientierte und nachhaltige Versorgung Betroffener zu sensibilisieren.

Für Operateure und Kliniken findet er deutliche Wort: Diese verdienten sich „auf dem Rücken schmerzkranker Menschen“ eine goldene Nase und ließen die Betroffene dann mit den Folgen ihrer Operationen allein.

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