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23.02.2019

Urteil Wahlrecht: Ausschluss Behinderter verfassungswidrig

Karlsruhe (pag) – Das Bundesverfassungsgericht hat den grundsätzlichen Ausschluss von Menschen in umfassender juristischer Betreuung vom Wahlrecht für verfassungswidrig erklärt. Dem vorausgegangen ist eine Klage von Betroffenen, die 2013 von der Bundestagswahl ausgeschlossen worden waren.

Dem zweiten Senat des Gerichts zufolge sind die geltenden Regelungen verfassungswidrig, vor allem, weil sie zu allgemein gehalten seien. Die Richter sehen einen Verstoß gegen Artikel 38 zur Allgemeinheit der Wahl und Artikel 3 zur Gleichheit aller Menschen im Grundgesetz.

Bisher durften in Deutschland über 80.000 Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung in Vollbetreuung aufgrund des geltenden Wahlrechts nicht wählen, schreiben mehrere Organisationen.
Das Urteil wird unter anderem vom Paritätischen Gesamtverband begrüßt. „Inklusion ist ein wichtiges Thema und darf nicht auf einmal an der Wahlurne enden“, sagt Joachim Hagelskamp, der dort die Bereiche Gesundheit, Teilhabe und Dienstleistungen leitet. Er kritisiert das zögerliche Vorgehen der Bundesregierung, denn bereits im Koalitionsvertrag sei angekündigt worden, dieses Demokratiedefizit zu beheben.
Auch Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe, findet es bedenklich, dass erst der gerichtliche Weg eingeschlagen werden musste, „um die Rechte von behinderten und chronisch kranken Menschen durchzusetzen“. Er betont: Es gehöre mehr dazu, Wahlen wirklich inklusiv zu gestalten als die Wahlbeteiligung per Gesetz zu ermöglichen. Er nennt etwa barrierefreie Informationen zu Parteiprogrammen, entsprechende Dokumente auch in leichter Sprache sowie barrierefreie Wahllokale.

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