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06.09.2021

EU-Nutzenbewertung Weiter noch viele Fragen offen

Berlin (pag) – Gelassen sieht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Startschuss für die europäische Nutzenbewertung (EU-HTA) entgegen, der am 1. Januar 2022 erfolgen soll. In den nächsten drei Jahren werde es wohl keine großen Änderungen für das Gremium geben, „höchstens ein bisschen Chaos für die pharmazeutische Industrie“, sagt G-BA-Chef Prof. Josef Hecken.

Dass das EU-HTA in Deutschland für Probleme sorgen könnte, hat laut Hecken damit zu tun, dass es für das europäische Verfahren noch keine Verfahrensordnung gibt, die vorschreibt, innerhalb welcher Fristen das Bewertungsverfahren abzuschließen ist. Das habe natürlich auch Auswirkungen auf die Nutzenbewertung beim G-BA. Wenn das Gremium erst das Verfahren auf europäischer Ebene abwarten müsse, könne es sein, dass die zwölf Monate, innerhalb derer in Deutschland ein Erstattungspreis für neue Arzneimittel verhandelt werden muss, schon abgelaufen sind. Darauf weist Hecken auf einer Veranstaltung zum Thema „Nutzenbewertung in der nächsten Legislaturperiode“ hin.

Damit es keine Verzögerung bei den Erstattungspreisverhandlungen gibt, werde der G-BA deshalb Unternehmen anbieten, parallel zum EU-HTA Dossiers auch beim G-BA einzureichen. Denn das HTA-Ergebnis müssen die Mitgliedstaaten zwar berücksichtigen, sie dürfen aber weiterhin zusätzliche Bewertungen anstellen und dabei auch andere Endpunkte oder Vergleichstherapien berücksichtigen. Die nationalen Entscheidungen über die Preisbildung und Erstattung bleiben unberührt.

Eine Koordinierungsgruppe der Mitgliedstaaten, in denen Vertreter und Experten aus jedem EU-Land sitzen, soll die klinischen Bewertungen vornehmen. Hecken befürchtet einen Verlust an Transparenz und Qualität, weil bislang noch kein Stellungnahmeverfahren vorgesehen sei. Insgesamt, so der G-BA-Vorsitzende, werde das Verfahren schwerfälliger. Politische Kompromisse bei der Bewertung hält er ohne klare Definition bei der Methodik, die jetzt ein Netzwerk unter Beteiligung des G-BA festlegen soll, für möglich.

Vorgesehen ist, dass im EU-HTA zunächst nur Krebsmedikamete und ATMP bewertet werden. Nach drei Jahren sollen auch Orphan Drugs in die europäische Bewertung kommen, nach zwei weiteren Jahren dann das EU-HTA auf alle Arzneimittel und Medizinprodukte angewandt werden.

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