Gesetzentwurf Bundesrat Widerspruchslösung: Bald kürzere Wartelisten?
Berlin (pag) – Der Bundesrat hat kürzlich einen Gesetzentwurf zur Einführung der Widerspruchslösung in den Bundestag eingebracht. Danach würden Bürger automatisch zu Organspendern, wenn sie nicht widersprechen. Die Widerspruchslösung birgt das Potenzial, mehr Menschen auf den übervollen Wartelisten mit lebensrettenden Organen zu versorgen.
Nach einer vielzitierten Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) in 2022 stehen etwa 84 Prozent der hiesigen Bevölkerung einer Organ- und Gewebespende eher positiv gegenüber. Mit Einführung der Widerspruchslösung würden auch jene Personen unter dem Radar erfasst – die prinzipiell positiv zum Organspenden stehen, ihre Entscheidung allerdings nicht dokumentieren. Begleiten soll das Unterfangen eine multimediale Informationskampagne der BzgA sowie eine dreimalige Information der Bevölkerung.
„Das Recht des Einzelnen, sich, ohne dies begründen zu müssen, für oder gegen eine Organ- oder Gewebespende zu entscheiden, bleibt unangetastet“, stellen die Autoren des Papiers heraus. Deutliche Erleichterung bringe die Widerspruchslösung auch für Angehörige – künftig müssten sie sich nicht mehr mit der schwierigen Frage befassen, wenn die Entscheidung zu Lebzeiten gefallen ist. „Es bestehen – bei entsprechender Ausgestaltung – keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Einführung einer Widerspruchslösung“, wird im 39 Seiten starken Entwurf betont. Auch der Nationale Ethikrat, der Vorgänger des Deutschen Ethikrats, sprach schon in 2007 seine Befürwortung für die Widerspruchslösung aus.
In ihrer Stellungnahme verweist die Bundesregierung auf die „Vielzahl wichtiger struktureller Maßnahmen im Transplantationsgesetz“, die insbesondere in der letzten Legislaturperiode verankert wurden. Dennoch: „Eine Trendwende bei den Organspendezahlen ist allerdings bislang nicht eingetreten.“ Grundsätzlich begrüße die Bundesregierung Initiativen und Debatten, mit denen die Situation von Menschen auf der Warteliste verbessert werden kann. Inhaltlich bezieht sie jedoch keine Stellung, da die Frage ethischer Natur sei, „die als Gewissensentscheidung von den einzelnen Abgeordneten und somit aus der Mitte des Deutschen Bundestages zu beantworten ist“.