DatenspendeWissenschaftler sprechen sich für Widerspruchsmodell aus
Kiel (pag) – Wie können Versorgungsdaten ethisch unbedenklich für die medizinische Forschung genutzt werden? Welche rechtlichen, informationstechnologischen und organisatorischen Rahmenbedingungen sind notwendig? Dazu gibt es neues wissenschaftliches Gutachten, das auf den Seiten des Bundesgesundheitsministeriums zu finden ist.
Zu den Autoren gehören der Jurist Prof. Sebastian Graf von Kielmansegg, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, und der Medizininformatiker Prof. Michael Krawczak, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
Bisher dürfen Versorgungsdaten nur für die Forschung genutzt werden, wenn die Betroffenen ihre Einwilligung erteilt haben. An Universitätskliniken erhalten sie hierzu bei der Aufnahme eine Aufklärung und werden anschließend um Zustimmung zu dieser sogenannten Sekundärnutzung gebeten. Das Problem: Die schriftliche Aufklärung könne leicht in dem vielen Material untergehen, das die Patienten bekommen, meint Krawczak. Eine Überforderung befürchtet von Kielmansegg, denn die Texte seien bis zehn Seiten lang und inhaltlich anspruchsvoll. Da liege es nahe, dass das Formular entweder blind oder gar nicht unterschrieben wird. „In beiden Fällen ist man vom Ideal einer wirklich autonomen Entscheidung recht weit weg.“
Die Gutachter empfehlen, den Vorgang der Datenspende zeitlich und räumlich von der medizinischen Behandlung zu entkoppeln. Zur derzeitigen Zustimmungsregelung schlagen sie als Alternative außerdem ein Widerspruchsmodell vor: Dabei wird Zustimmung der Patienten zur Sekundärnutzung ihrer Daten vorausgesetzt – es sei denn, sie wird explizit verweigert. Dafür ist allerdings eine gesetzliche Regelung erforderlich, stellen die Gutachter klar. Den politischen Willen, etwas zu unternehmen, erkennt Krawczak. „Die Tatsache, dass Minister Spahn das Gutachten zur Veröffentlichung freigegeben hat, ist schon mal ein ermutigender Schritt.“