Chronische NierenerkrankungZahlreiche Betroffene ohne fachärztliche Versorgung
Berlin (pag) – Eine Studie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKHS) und des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung (Zi) zeigt eine gravierende Versorgungslücke bei Erwachsenen mit chronischer Nierenerkrankung (CKD). Experten fordern ein schnelles Handeln und bessere Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten.
Eine Analyse der Abrechnungsdaten von 73 Millionen gesetzlich Versicherten ergibt, dass 1,9 Prozent der deutschen Bevölkerung im Jahr 2022 eine mittlere bis fortgeschrittene (Stadien drei bis fünf) CKD diagnostiziert haben. Gut 200.000 Menschen fallen ins Stadium vier: 35,2 Prozent davon werden 2022 nicht durch eine nephrologische Praxis betreut. 23,6 Prozent sind im kompletten Zeitraum 2020 bis 2022 nicht in der Fachpraxis. Kritisch, denn die internationalen KDIGO-Leitlinien (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) fordern für eine optimale Behandlung mindestens dreimal jährlich Tests zur Nierenfunktion und Urineiweißausscheidung. Besonders Frauen, ältere Menschen und Pflegeheimbewohner sind unterversorgt. „Aktuelle Daten anderer Arbeitsgruppen legen darüber hinaus nahe, dass es vermutlich noch eine hohe Dunkelziffer an nicht diagnostizierten Patientinnen und Patienten mit CKD gibt“, erklären die Autoren.
„Die chronische Nierenerkrankung erhöht nicht nur das Risiko für Nierenversagen, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, so Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried. „Mit einer alternden Bevölkerung wird die Zahl der CKD-Betroffenen weiter steigen“, warnt er. Von Stillfried und Dr. Kevin Schulte, Studienleiter und BDI-Vizepräsident, appellieren an nephrologische und hausärztliche Praxen, gemeinsam Maßnahmen zur besseren Früherkennung und flächendeckenden Behandlung zu entwickeln. Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) fordert politische Maßnahmen. Neben einer extrabudgetären Ausnahmeziffer für Hausärzte zur Albuminurie müssten die Vergütungssystematik bei der fachärztlichen Versorgung und die Steuerung zwischen Haus- und Fachärzten verbessert werden.