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26.10.2018

TK-Report Zu viel Onkologie – zu wenig Demenz

Berlin (pag) – Die Pharmaindustrie konzentriert sich zu sehr auf lukrative Onkologie-Arznei. Gleichzeitig vernachlässigt sie die Demenztherapie. Dieser Meinung sind die Autoren des Innovationsreport 2018 der Techniker Krankenkasse (TK), der sich mit neu zugelassenen Medikamenten aus dem Jahre 2015 beschäftigt und diese bewertet. Untersuchungskriterien sind die Verbesserung der Therapie, Zusatznutzen und die Kostenfrage.

Prof. Wolf-Dieter Ludwig beklagt die hohen Preise für onkologische Wirkstoffe. Sie spiegeln „weder die Kosten für die Forschung und Entwicklung noch den Zusatznutzen“ wider, „sondern die Bereitschaft des Marktes derartig hohe Preise zu bezahlen.“ Ludwig ist einer der Autoren und zudem Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
Prof. Gerd Glaeske, Hauptautor des Innovationsreports, kritisiert, dass sich die Pharmaindustrie fast vollständig aus dem Markt für Alzheimer-Demenz-Medikamente zurückgezogen habe. Und selbst in der Therapie liege der Fokus auf Benzodiazepine und Neuroleptika. Das erhöhte Sterberisiko bei Letzterem sei aber bekannt, beklagt der Gesundheitswissenschaftler von der Universität Bremen und ergänzt: „Wenn man es sehr plakativ und zugespitzt ausdrücken will, halte ich es für Gewalt gegen ältere Menschen.“ Auch TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas plädiert deswegen für einen vermehrten Einsatz von Antidementiva, für die er eine Unterversorgung feststellt.
Im Gegensatz zum Vorjahresreport ziehen die Drei aber eine positive Bilanz. Bekam vor einem Jahr kein Medikament eine grüne Ampel, sind es von den 32 untersuchten Medikamenten immerhin sieben. Dabei handelt es sich um Blinatumomab (Indikation: Akute lymphatische Leukämie), Carfilzomib (Multiples Myelom), Ceritinib (ALK-positives, nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom), Cobimetinib (Malignes melanom), Lumacaftor/Ivacaftor (zystische Fibrose), Secukinumab (Plaque-Psoriasis) und Trametinib (bRAF-V600 + Melanom, NSCLC).
Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) zweifelt die Seriosität des Innovationsreport an. Die Ampel komme seit Jahren zu schlechten Gesamturteilen, „schlechter als andere Instanzen des Gesundheitswesens“, kritisiert vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Ein Viertel der Mitgliedsfirmen „forscht auch weiterhin an neuen Medikamenten gegen Alzheimer“, betont sie.

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