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30.06.2020

Jahresstatistik Mehr Behandlungsfehler durch Corona-Krise?

Berlin (pag) – Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) stellt bei rund einem Viertel von insgesamt 14.553 geprüften Fällen einen Behandlungsfehler fest. Das geht aus der Jahresstatistik 2019 hervor, die der MDK und der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) vorstellen. Prozentual gesehen registriert die Bundesärztekammer (BÄK) in ihrer Statistik mehr Behandlungsfehler.

Bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern in Deutschland sind 2019 laut statistischer Erhebung der BÄK 11.500 Anträge auf mögliche Behandlungsfehler eingegangen. 6.412 Fälle wurden geprüft. Bei circa 1.871, also rund 30 Prozent, stellten die Gutachter tatsächliche Behandlungsfehler fest. Jeder dritte ereignete sich in der Orthopädie/Unfallchirurgie. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Statistik des MDK. Das liege daran, „dass Patienten in diesen Fächern mögliche Fehler leichter erkennen können als in anderen“, erläutert Dr. Stefan Gronemeyer, stellvertretender Geschäftsführer des MDS. Laut BÄK starben 87 Patienten, bei denen ein Behandlungsfehler festgestellt wurde. MDS und MDK sprechen von 140 Toten. Beide Statistiken zeigen, dass sich die Zahl der Behandlungsfehler im Vergleich zu 2018 auf einem gleichbleibenden Niveau bewegt. Das könnte in diesem Jahr anders aussehen. Beim MDK und MDS befürchtet man, dass die Coronakrise die Situation verschlimmere. Denn zu spät angesetzte Operationen seien auch Behandlungsfehler, meint Prof. Astrid Zobel, Leitende Ärztin beim MDK Bayern.
Die BÄK registrierte 2019 fast drei Viertel Fehlleistungen im stationären Bereich. Bei MDK und MDS gingen im Vergleich zu den Praxisfällen doppelt so viele Beschwerden nach Krankenhausaufenthalten ein. In beiden Bereichen bestätigte sich jeweils ein Viertel der Vorwürfe.
Zusammen mit dem Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) plädieren MDK und MDS für eine neue Fehlerkultur. „Es geht nicht um Schuldzuweisungen“, betont APS-Vorsitzende Dr. Ruth Hecker. In der Regel seien die Fehler in „systemisch-organisatorischen Defiziten“ begründet.